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Archiv-Artikel

UNO uneins über Kongo-Mission

Mandat der Blauhelme nur um zwei Monate verlängert. Künftig sollen die UN-Soldaten Kämpfen nicht mehr hilflos zusehen müssen. Kommt eine schnelle Eingreiftruppe?

Sorge um die anhaltenden Spannungen und Feindseligkeiten im Osten Kongos

KINSHASA taz ■ Hartnäckig halten sich in Kongos Hauptstadt Kinshasa Gerüchte über Vorbereitungen zu einem Putsch. Der UN-Sicherheitsrat äußerte am Donnerstag seine „tiefe Sorge um die anhaltenden Spannungen und die andauernden Feindseligkeiten im Osten der Demokratischen Republik Kongo“. Doch allen Sorgen zum Trotz hat der Sicherheitsrat in einer einstimmig angenommenen Resolution das Mandat der UN-Mission im Kongo (Monuc) um lediglich zwei Monate bis 1. Oktober verlängert. Üblich sind jedoch sechs Monate. Zugleich wird UN-Generalsekretär Kofi Annan aufgefordert, bis zum 16. August einen Vorschlag über die Zukunft der knapp 11.000 Mann starken Blauhelmtruppe vorzulegen.

Monuc-Sprecher Hamabun Toure erklärte in Kinshasa, die Entscheidung sei eine „technische Verlängerung“, die der UNO Zeit geben solle, „die Bedürfnisse der Mission im Lichte der Situation“ zu evaluieren. Gemeint ist damit, dass der Zuschnitt und eventuell auch das Mandat der Monuc grundsätzlich verändert werden könnte, um eine Wiederholung von Vorfällen wie im ostkongolesischen Bukavu Anfang Juni zu verhindern.

Damals mussten die über 1.000 Blauhelmsoldaten in der Hauptstadt der Provinz Südkivu ohnmächtig den Kämpfen zwischen regierungstreuen Truppen und rebellierenden Soldaten unter Kommando zweier Abtrünniger ruandisch-stämmiger Generäle zusehen. Die Rebellen hatten sogar Bukavu eine Woche lang unter ihre Kontrolle bringen können.

In ganz Kongo war es daraufhin zu gewaltsamen Demonstrationen gegen die UN-Präsenz gekommen. Seitdem ist das ohnehin geringe Vertrauen der kongolesischen Bevölkerung in die Monuc auf den Nullpunkt gesunken. Um Bukavu herum hindern Demonstrationen und Straßensperren von Milizen die Blauhelme regelmäßig daran, sich frei zu bewegen.

In UN-Kreisen wird nun die Möglichkeit erwogen, eine schnelle Eingreiftruppe einzurichten, die im Fall neuer Kämpfe eingreifen würde, statt bloß zuzusehen. Dieser Vorschlag stößt allerdings bei den USA auf Skepsis, weil unklar ist, wer die Truppe stellen soll und wie sie überhaupt operieren könnte, ohne selbst zur Kriegspartei zu werden. Wegen dieser Streitereien war es bisher nicht möglich, einen Konsens im Sicherheitsrat herzustellen.

Die Lähmung auf UN-Ebene scheint neue Spannungen im Ostkongo zu begünstigen. Nach UN-Angaben sind in der Region des Ortes Kalehe am Kivu-See, wo sich regierungstreue und rebellierende Soldaten gegenüberstehen, seit einigen Tagen rund 30.000 Menschen obdachlos.

Unter dem Eindruck dieser Entwicklungen beschloss der UN-Sicherheitsrat am vergangenen Dienstag, das geltende Waffenembargo gegen alle irregulären bewaffneten Gruppen im Osten des Kongo um ein Jahr zu verlängern. Die Arbeit einer zur Überwachung des Embargos eingesetzten Expertenkommission soll fortgeführt werden.

Die Kommission, Nachfolgerin der aufgelösten UN-Kommission zur Untersuchung der illegalen Ausbeutung der natürlichen Ressourcen des Kongo, hatte vergangene Woche einen Bericht über umfangreiche Verletzungen des Waffenembargos durch alle Konfliktparteien vorgelegt. So habe Ruanda die rebellierenden Soldaten um Bukavu „direkt und indirekt“ unterstützt, vor allem durch militärische Ausbildung kongolesischer Rekruten auf ruandischem Gebiet. Für noch beunruhigender halten Beobachter in Kinshasa, dass die kongolesische Regierung ihrerseits in der Stadt Lubumbashi im Süden des Landes umfangreiche Waffenlieferungen aus libyschen, in Äquatorialguinea registrierten Flugzeugen erhalten haben soll. Die UN-Mission müsse daher systematisch Flugbewegungen im Osten des Kongo kontrollieren einschließlich des Inhalts der Flugzeuge, fordert die Kommission.

DOMINIC JOHNSON