: Pünktlich gezahlt
Eine Druckerei in Wolgast druckt alles: Propaganda von Neonazis und das Programm der Wehrmachtsausstellung
BERLIN taz ■ „Nein“, sagt Günter Ruge, „die Polizei war noch nicht da.“ Ruge leitet mit seiner Frau in Wolgast den mittelständischen Renommierbetrieb „Hoffmann Druck“. Gedruckt wird in der Firma mit 25 Angestellten alles: vom neonazistischen „Fahnenträger – Rundbrief nationaler Sozialisten“ bis hin zum Begleitprogramm der Ausstellung „Verbrechen der Wehrmacht“. Das historisch-technische Informationszentrum in Peenemünde gab eine Auflage von 25.000 Stück nebst Eintrittskarten für die Ausstellung in Auftrag.
„Ich drucke für jeden“, bestätigte Günter Ruge der taz. Der „Fahnenträger“ sei nicht verboten: „Ich muss sehen, dass genügend Aufträge reinkommen.“ Gelesen, so Ruge, habe er die rechten Machwerke nicht. „Aber die haben immer pünktlich gezahlt.“ Einer seiner Mitarbeiter habe die Aufträge vermittelt und noch dazu „Gutachten eines Anwalts“ mitgebracht, wonach der Inhalt des „Fahnenträgers“ rechtlich unbedenklich sei.
Die Staatsanwaltschaft Stralsund sieht das anders. Sie ermittelt im Zusammenhang mit dem „Fahnenträger“ wegen „Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen“. Das 64-seitige Hochglanzheft gilt als Sprachrohr der militanten „Pommerschen Aktionsfront“. Neben rassistischer und antisemitischer Hetze macht man Stimmung gegen die Ausstellung „Verbrechen der Wehrmacht“. Die „Pommersche Aktionsfront“ mobilisierte zu Aufmärschen gegen die Ausstellung.
Dirk Zache, Direktor des Informationszentrums in Peenemünde, ist über die Recherchen der taz „entsetzt und empört“. Als Konsequenz, so Zache, habe er mit Druckereibesitzer Ruge gesprochen. Der habe ihm versichert, der „Fahnenträger“ sei ein Ausrutscher gewesen. Er werde künftig keine rechtsextremen Aufträge mehr annehmen. Der Museumsdirektor findet, dem Geschäftsmann sei diese Entscheidung „hoch anzurechnen“. Schließlich sei zu befürchten, dass die rechtsextreme Szene nun Druck auf Ruge ausübe.
Wolgasts Bürgermeister Jürgen Kanehl (SPD) hatte den Drucker schon am Montag vor die Wahl gestellt, nachdem er auf Anfragen der taz bestätigte, dass auch die Stadtverwaltung bei Hoffmann Druck Aufträge schaltet. „Die Stadt wird keine Aufträge an Firmen vergeben, von denen sie weiß, dass sie Geschäfte mit der rechten Szene machen“, so Kanehl. HEIKE KLEFFNER