: Hüftwackelkurs
Die Disziplin im Arsch
Sie haben sich schick gemacht mit schwarzen Kleidern, Blusen und schönem Schmuck. Sie riechen gut, die drei Frauen im Lido, die nicht mehr dreißig sind. Sie kennen die Stücke der portugiesischen Buraka Som Sistema auswendig. Und sie flippen schon bei den ersten Beats richtig aus. Tanzen, schreien, lachen und singen mit. Uhh, prolliger Sambatechno mit zwei Rappern und einer höchst gelenkigen Tänzerin, allgemeine Hysterie von null auf hundert. Brasilianische Rhythmen, billige Eurotechnosamples, Rhythm is a Dancer. Da erstarrt mein Tanzbein erst mal vor Schreck: Bin ich überhaupt diese Musik? Spricht die zu mir?
Aber wozu hat man jahrelang die Nächte in den hiesigen Rave-Kellern zugebracht. Nach drei Stücken bin ich drin und tanze. Das macht Spaß, das knallt ganz wunderbar. Auch etwaige genderpolitische Probleme werden beseitigt. Die Tänzerin der Band beherrscht die Kunst des superschnellen Hinternwackelns perfekt. Sie nötigt einen der Rapper, jetzt mal bitte seine Rückseite zu präsentieren und den Booty zu shaken. Klappt bei ihm auch nicht besser als bei mir. Er aber bekommt wenigstens einen freundlichen Klaps auf den Po.
Das wirft die Frage auf: Wie machen die Mädels das? Später, bei Lauras Geburtstagsparty, wo sich Scharen strahlender Münchnerinnen versammelt haben, kann die Frage geklärt werden. Emmas Eltern kommen aus Nigeria, und die ganze Familie liebt Fela Kuti. Nachdem sie energisch dafür gesorgt hat, dass hüftsteife Männer sich nicht davonschleichen, zeigt uns Emma zu Fela Kutis „Lady“, wie's geht. Abwechselnd die Knie einknicken, aber niemals die Bauchmuskulatur locker lassen! Alles nur eine Frage von Ausdauer und Disziplin. Dann wackeln die Hüften fast ganz von allein. ULRICH GUTMAIR