Praktische Zinstauschgeschäfte

Ausgerechnet die selbst finanziell angeschlagene WestLB managt die Schulden zahlreicher NRW-Städte. Zinsspekulationen sollen die Pleitekommunen entlasten

BOCHUM taz ■ Die WestLB hilft Städten in Nordrhein-Westfalen (NRW) beim Schuldenmachen: Klamme Kommunen wie Bottrop, Remscheid oder Unna suchen ihr Heil am Kapitalmarkt, und die Bank spekuliert mit den Schuldzinsen an der Börse. „So können wir den Zinsaufwand unserer Kunden um bis zu 10 Prozent senken“, sagt Rolf Brune, Direktor des WestLB-Bereichs Öffentliche Kunden.

Bottrop war Anfang 2002 die erste Stadt, die sich von der WestLB managen ließ. 120 Millionen Euro betragen die Schulden der strukturschwachen Ruhrgebietskommune, fast 8 Millionen Euro wendet sie jährlich für Zinszahlungen auf. „Durchaus zufrieden“ sei man mit der WestLB, sagt Martin Notthoff von der Bottroper Kämmerei. 250.000 Euro Zinsen habe man bisher gespart. Auch Wittens Kämmerer Matthias Kleinschmidt sieht ein „positives Ergebnis“, will aber keine Zahl nennen.

„Normalerweise bekommen Städte Zinssätze von rund 6 Prozent“, sagt Brune. Am Kapitalmarkt können diese Aufwendungen gegen günstigere zeitlich befristete Finanztitel, in so genannte Derivate, gewechselt werden. Mit diesen Zinstauschgeschäften arbeitet die WestLB. Für 100.000 Euro plus Prämien verspricht Brune eine „Optimierung des Darlehensbestandes“. Neben Bottrop haben sich rund ein Dutzend weitere Städte und Landkreise der WestLB anvertraut.

Mit Defiziten kennt die sich bestens aus. Riskante Auslandsgeschäfte haben der Bank Milliardenverluste eingebracht. Allein das fehlgeschlagene Engagement beim britischen TV-Geräte-Verleiher Boxclever hat fast 700 Millionen Euro gekostet. Statt Boxclever ist jetzt Bottrop angesagt. In Zeiten der Krise erinnert sich die größte deutsche Landesbank an ihre Geschäftsbasis in NRW. Der Ausbau des Serviceangebots für öffentliche Kunden gehört zur Neupositionierung der landes- und kommunaleigenen Bank, wie sie Vorstandschef Johannes Ringel vorschwebt.

Ob es klappt, ist ungewiss. Wegen des Überangebots staatlicher Anleihen und Derivate wird es der WestLB schwer fallen, günstige Konditionen für ihre Kunden herauszuschlagen. Auch der Bund hat mit seiner 2001 gegründeten Finanzagentur das Schuldenmachen nicht erfunden. Doch WestLB-Direktor Brune glaubt an seine Broker: „Die Zahlen sprechen für uns.“ Schon verhandelt die Bank mit neuen Interessenten, darunter Großstädte und Bundesländer.

MARTIN TEIGELER