: Der Ausbildungsersatzmaßnahmenmarkt
Weil die Wirtschaft nicht genug ausbildet, springt der Staat mit Hilfsprogrammen ein. Bedarf bleibt trotz Geburtenknick
Seit Jahren das gleiche Bild: Die Zahl der Jugendlichen, die eine Lehrstelle suchen, übersteigt die der angebotenen betrieblichen Ausbildungsplätze. Wo aber die Wirtschaft nicht genug für ihren eigenen Nachwuchs tut, springt der Staat ein. In Berlin existieren eine ganze Reihe öffentlich finanzierte Programme.
Wichtigstes Maßnahme ist das Bund-Länder-Sonderprogramm, mit dem die so genannte Verbundausbildung finanziert wird, an der rund 3.000 Azubis teilnehmen. Sie findet zum Teil bei freien Trägern und im Betrieb statt. Für die Unternehmen, die sich zu regionalen Ausbildungsverbünden zusammengeschlossen haben, liegt der Vorteil auf der Hand: Sie tragen etwa nur die Hälfte der Ausbildungskosten. „Das ist durchaus begehrt“, sagt Christoph Lang, Sprecher der Wirtschaftsverwaltung. Dies sei allerdings auch ein Hinweis auf mögliche Mitnahmeeffekte.
Parallel dazu gibt es die so genannte modulare duale Qualifizierungsmaßnahme (MDQM), die vom Senat auf rund 1.500 Teilnehmer aufgestockt wurde. Sie richtet sich vor allem an Jugendliche mit Schwächen – sie sollen Schritt um Schritt eine Ausbildung absolvieren und auch vorzeigbare Ergebnisse in der Tasche haben, wenn sie die Ausbildung vorher abbrechen. Allerdings schaffen den Abschluss nur ein Fünftel bis ein Drittel. Ein Umstand, den die jugendpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, Ramona Popp, kritisiert. „MDQM ist nicht das geeignete Programm“, so Popp. Es sei zu verschult, der Kontakt zur Wirtschaft fehle. Der modulare Ansatz sei zwar richtig, müsse aber auch umgesetzt werden.
Zusätzlich gibt es noch die berufsvorbereitenden Maßnahmen, bei denen Jugendliche erst einmal auf eine Ausbildung vorbereitet werden. Diese sind in der Regel ein Jahr lang; bestehen aus Bewerbertraining, sozialarbeiterischer Betreuung, können aber auch versäumten Schulstoff nachholen. Rund 1.300 Plätze stehen dafür in Berlin zur Verfügung, die allerdings von Kürzungen betroffen sind. Ein zeitlich noch kürzeres Programm ist das TIP – testen, informieren, probieren. Diese drei- bis viermonatigen Kurse dienen der Berufsorientierung, werden in Berlin von rund 200 Jugendlichen besucht. Eines ist aber allen Maßnahmen gemein: Trotz der Auswirkungen des Geburtenknicks ab Mitte des Jahrzehnts werden sie auf lange Sicht notwendig bleiben. „Wir gehen davon aus, dass wir in der Größenordnung weitermachen“, so Olaf Möller, Sprecher des Landesarbeitsamtes.
Langfristig wird sich der Bedarf an Lehrstellen zwar kontinuierlich, aber nicht wesentlich verringern, wie eine Senatsstudie prognostiziert: Von 21.300 in diesem Jahr fällt der Bedarf in Berlin auf 20.400 im Jahr 2007, im Jahr 2009 sind es dann weniger als 20.000. Eine Ursache dafür sind die so genannten Altfälle, da Jahr für Jahr nicht alle Jugendlichen eine reguläre Ausbildung erhalten. ROT