Kohls Stasi-Akte wird öffentlich

Die Birthler-Behörde wird im Herbst Stasi-Akten über Helmut Kohl herausgeben, aber nacheinem Gerichtsurteil sind die Bedingungen dafür schwierig. Personenbezogenes bleibt geschützt

VON DANIEL SCHULZ

Die Bundesbehörde für die Stasi-Unterlagen will trotz eines Urteils des Bundesverwaltungsgerichts Stasi-Akten über Altkanzler Helmut Kohl herausgeben. Im Herbst wird Behördenchefin Marianne Birthler Kohl darüber informieren, welche der 7.000 Seiten starken Kohl-Akten sie freigibt. Die Bedingungen für die Herausgabe sind kompliziert.

„Er hat sich nur teilweise durchsetzen können“, sagte Birthler. Das Leipziger Gericht hatte festgestellt, dass auch Personen der Zeitgeschichte Veröffentlichungen hinnehmen müssten. Das Gericht hatte aber auch angeordnet, dass ein Teil der Akten verschlossen bleibt – besonders vorsichtig wird mit Informationen umgegangen, die auf geheimen Abhöraktionen basieren.

„Das Recht auf das Einsehen der eigenen Akte berührt das Urteil nicht“, sagte Birthler. Relevant ist es dagegen vor allem für Medienmitarbeiter und Wissenschaftler. Dem Urteil zufolge bleiben alle personenbezogenen Informationen unter Verschluss, die durch Spionage bei westdeutschen Staatsorganen, Behörden, Parteien, Wirtschaftsunternehmen und gesellschaftlichen Organisationen wurden. Informationen, die durch Abhörmaßnahmen in Privat- oder in Diensträumen gewonnen wurden, sind besonders zu schützen.

Wichtig ist aber auch, wer denn die Stasi-Akten einsehen will. Das Verwaltungsgericht trennt dabei erstmals zwischen Wissenschaft und Medien. Für Journalisten gibt es schärfere Einschränkungen als für Forscher. Der Deutsche Presserat bezeichnete dies als „absurde Unterscheidung“.

Für Wissenschaftler gilt in Zukunft, dass ihr Anliegen von der Birthler-Behörde überprüft wird. Im Zweifelsfall hat der Forschende eine schriftliche Konzeption vorzulegen. Dann kann die Behörde auch personenbezogene Informationen herausgeben – unter strengen Auflagen.

Düster sieht es hingegen für JournalistInnen aus. Denen darf die Stasi-Unterlagenbehörde nur noch personenbezogene Informationen aus den Akten geben, wenn deren Herkunft zweifelsfrei rechtmäßig ist. Dass heißt z. B.: Nicht nur Abhörprotokolle sind tabu, sondern auch Berichte und Analysen, die auf der Basis solcher Protokolle geschrieben worden sein könnten.

„Die Medien sind die eigentlichen Verlierer dieses Urteils“, sagte Birthler. „Die vom Gericht gesetzten Grenzen bei der Herausgabe und Nutzung von Unterlagen stimmen nach unserer Auffassung mit dem Wortlaut des Gesetzes teilweise nicht überein.“ Birthler machte aber auch klar, dass sie als Beamtin nicht in Karlsruhe gegen das Urteil aus Leipzig klagen könne. Dies könnten allerdings beispielsweise Verlage oder der Deutsche Presserat.

Obwohl das Urteil die Arbeit der Behörde schwieriger macht, sieht Birthler keine weitreichenden Folgen für ihre Arbeit. „Ich denke nicht, dass wir unser Profil ändern müssen“, sagte sie. Ihre Behörde sei noch über Jahre hinaus beschäftigt, den Menschen ihre eigenen Akten zugänglich zu machen. Sie regte aber auch an, die Archive ihrer Behörde nicht nur zur Stasi-Forschung zu nutzen. „Es ist kein Geheimnis, dass ich für das Aufheben dieser Zweckbindung bin“, sagte Birthler. Dafür allerdings müsste das 13 Jahre alte Stasi-Unterlagen-Gesetz verändert werden.