: Mit Satellit im Moloch
Ab jetzt können sich auch Radfahrer vom Weltall aus leiten lassen: Das GPS-System macht es möglich. Bei Regen tun aber herkömmliche Karten Not
AUS MÜLHEIMANNIKA JOERES
Keine Sackgassen, keine plötzlich auftauchenden vierspurigen Raserstraßen mehr. Ab jetzt führt ein GPS-System RadlerInnen durchs Straßengewirr im Ruhrgebiet. Mit dem „Global Positioning System“ (GPS), einem Satellitengestützten Navigationssystem, können Radfahrer rund 20.000 Kilometer Radwege in Nordrhein-Westfalen und angrenzenden Regionen erobern. Das kleine Gerät am Fahrradlenker verknüpft eine metergenaue Routenplanung mit einem GPS-Empfänger, der den Radfahrern an jeder Kreuzung den richtigen Weg weist.
Das Besondere: Das GPS lässt sich an den bundesweit einmaligen Radroutenplaner NRW im Internet anschließen. So zeigt das kleine Gerät am Lenker auch kleine Feldwege und für Motorisierte gesperrte Wege an, anders als die herkömmlichen GPS-Systeme für Autos. “Der Radroutenplaner ist eine echte Erfolgsstory“, sagte Staatssekretär Jörg Hennerkes vom NRW-Verkehrsministerium gestern in Mülheim. Über 14 Millionen Menschen hätten sich dort ihre Radrouten berechnen lassen. “Bislang konnten sich die Nutzer eine detaillierte Streckenbeschreibung ausdrucken“, erläuterte Hennerkes. „Künftig können Sie die Daten direkt in ein GPS-System laden und wie im Auto leiten lassen.“ Je nach Laune und Wadenstärke gibt es Routen zu Schlössern, zu Wasserstraßen, für Gourmets oder Familien mit Kindern. Außerdem werden Sehenswürdigkeiten erklärt, Hotels empfohlen. Fürs Sauerland oder die Eifel empfiehlt sich das Höhenprofil, fürs Münsterland lässt sich die Qualität der Wege anzeigen. „Das ist auch ein Beitrag für die örtliche Wirtschaft.“ Die profitiert dann von durstigen, hungrigen und müden RadtouristInnen.
„Noch vor sieben Jahren war das Ruhrgebiet radtechnisch wie Griechenland vor der EM“, sagt Frank Schellberg, Geschäftsführer der Paritätischen Initiative für Arbeit, die Fahrradstationen betreibt. Vor sieben Jahren nämlich eröffnete die erste Station im Ruhrgebiet, an der die quietschorangenen Räder ausgeliehen und an mittlerweile 51 Stationen wieder zurückgegeben werden können. Für zehn Euro pro Tag werden sie jetzt auch mit dem GPS-System ausgestattet.
Das neue System im Härtetest: Vom Mülheimer Wasserturm zum Duisburger Innenhafen, eine Strecke mitten durchs Revier, gemacht für Autos und LKW. Keine Chance, die schönen Wege an der südlichen Ruhr oder der nördlichen Emscher zu nutzen. Vorbei an der Mülheimer Aldi-Zentrale, das Gerät piept, der Pfeil zeigt nach rechts zu einer dicken Autostraße. Noch dreihundert Meter, beruhigt das Gerät, dann geht es links ab, in einen kleinen Feldweg. Die Karte ist auf dem Minidisplay nur schwer zu erkennen, für Radfans ab fünfzig wohl nur mit Brille. Links, geradeaus, links, das System führt durch unwegsames Gelände und findet die weit und breit einzigen Grünstrecken. Dann wird es zu grün: Dichtes Laub schirmt die erhofften Info-Strahlen ab, der kleine Kasten reagiert nicht mehr. Einfach weiterfahren und auf neue Signale hoffen. Wenigstens regnet es nicht, dann setzt GPS nämlich gerne mal aus, gerade wenn es schnell nach Hause gehen soll. Bevor die nächste Kreuzung erreicht ist, blinkt es aber wieder, schon taucht der Duisburger Innenhafen auf. Der war allerdings schon zwei Kilometer vorher am Turm der Küppersmühle zu erkennen, ganz ohne Satellit.