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Archiv-Artikel

Gib dem Affen Pfeffer

Susanne Pfeffer will als neue Kuratorin im Künstlerhaus am Deich auf Entdeckungsreise gehen – und das Visuelle zurückholen. Wie das geht, hat sie bei den Werbeprofis vom Augustinerorden gelernt

taz: Wie wird sich die Arbeit in der Galerie des Künstlerhauses verändern im Vergleich zu dem was, Ihre Vorgängerin Dorothee Richter hier gemacht hat?

Susanne Pfeffer: Dorothee Richter hat sehr konzeptionell gearbeitet: Sie ist vom Diskurs ausgegangen und hat von daher Fragestellungen an die Kunst formuliert. Im Gegensatz dazu sollen sich bei meinem Programm die Fragestellungen aus den künstlerischen Positionen heraus ergeben. Die Bildende Kunst hat eine ganz eigene Sprache entwickelt und ich traue ihr zu, ihre Fragen über das Visuelle zu formulieren – man muss das nicht von außen diktieren. Es gab aber eine ganze Zeit lang eine Unsicherheit in der Kunst: Man glaubte, man müsse stärker mit Texten arbeiten, weil das die vermeintlich sicherere Sprache sei.

Sie haben sich in Ihrem Studium schwerpunktmäßig mit dem Mittelalter auseinandergesetzt. Was kann man als Kuratorin vom Mittelalter lernen?

Spannend ist, die künstlerischen Strategien, Sprachen und Codes zu untersuchen, die im Mittelalter entwickelt wurden. Ich habe mich sehr intensiv mit einem Kodex aus dem 14. Jahrhundert beschäftigt, und da gibt es richtige Werbestrategien: Der Augustiner-Orden hat seine Inhalte sehr bewusst mit visuellen Strategien vermittelt. Heute unterscheidet man zurecht zwischen Kunst und Werbung. Früher wurde die Kunst ganz stark als Mittler von Werbebotschaften benutzt: das Bewusstsein über die Macht der Bilder war früher viel größer, als das heute der Fall ist. Weil es diese visuelle Reizüberflutung nicht gab.

Was mich auch am Mittelalter fasziniert hat, ist, dass man in eine andere Zeit eintaucht, denn das Schwierige am Zeitgenössischen ist, dass man keine Distanz hat. Man ist ein Teil davon, und ist dadurch seiner Zeit unterlegen. Und ich empfinde mich sehr stark als Zeitgenosse, bin jemand, der sich intensiv für Politik, zeitgenössische Literatur, Theater und Musik interessiert.

Wie war das für Sie, in Bremen anzukommen?

Sehr positiv. Ich habe mich hier in den Institutionen erstmal vorgestellt, und es haben mir alle sofort ihre Hilfe und Unterstützung zugesagt. Ich glaube, das hätte man in einer anderen Stadt so nicht gehabt. Dadurch, dass hier viele Künstler im Haus sind, bin ich natürlich auch ganz anders eingebunden und wurde gleich mitgenommen. Wenn ich im Museum angefangen hätte, wäre ich nicht so dicht an der aktuellen Kunstszene dran, wie ich das jetzt hier im Künstlerhaus bin.

Sie werden also auch Bremer NachwuchskünstlerInnen zeigen?

Ja, klar. Es kommt immer auf die einzelne Position an, aber ich kucke mich hier schon um. Letztlich ist mir egal, woher jemand kommt. Was ich auch jetzt schon mache, ist, in anderen Städten von interessanten Bremer Künstlern zu erzählen. Und ich versuche auch Leute herzuholen, die spannend sind für die Künstler, die hier arbeiten.

Wie wird sich Ihr Konzept einpassen in das bereits bestehende Angebot in Bremen?

Ich werden vor allem junge Positionen zeigen und für alle Künstler, selbst für Jonathan Monk, wird es die erste Einzelausstellung in Deutschland sein. Dadurch hat es so ein bisschen Entdeckungscharakter. Im Vordergrund steht für mich allerdings auch, dass es Sinn für die Künstler macht. Mir ist wichtig, dass die Künstler hier vor Ort arbeiten und neue Arbeiten speziell für den Ausstellungsraum und für Bremen entwickeln. Letztendlich soll es aber ein vielseitiges Programm sein, das möglichst viele Menschen anspricht.

Wie lernen Sie die KünsterInnen kennen, die für eine Ausstellung in Frage kommen?

Ich reise relativ viel rum, besuche Ausstellungen, Ateliers und Rundgänge in Akademien. Es ist aber auch ein Prozess: Ich kenne die Arbeiten der Künstler, die ich jetzt ausstelle, schon länger. Für mich ist auch ganz wichtig, die Künstler zu treffen – um rauszukriegen, mit welcher Intensität und Ernsthaftigkeit sich jemand mit der Materie auseinandersetzt. Interview: Klaus Irler