Folteropfer soll fliegen

In letzter Minute bricht der BGS die umstrittene Abschiebung eines chinesischen Falun-Gong-Aktivisten ab. Für ihn ist es aber nur eine kurze Verschnaufpause

Das Dröhnen der Flugzeugmotoren drang schon in seine Ohren. Er bat um Hilfe, schrie, brach in Tränen aus. Auf einmal zeigte sein Flehen Wirkung: Die Bundesgrenzschutzbeamten auf dem Flughafen Schönefeld verbanden ihm nicht die Augen, sie schleppten den 32-Jährigen nicht mit Gewalt zur Maschine – sie brachen die geplante Abschiebung des Falun-Gong-Aktivisten Jianli Zhang nach China ab.

Dem evangelischen Seelsorger des Abschiebegefängnisses in Grünau, Dieter Ziebarth, fiel ein Stein vom Herzen. Den ganzen Tag zuvor hatte er mit den Berliner und Brandenburger Auslandsbehörden verhandelt und darauf gehofft, dass Zhangs Anwälte mit der einstweiligen Verfügung Erfolg haben würden. Doch im Asyleilverfahren wurde der Antrag vom Verwaltungsgericht Cottbus abgeschmettert.

Zhang ist seit etwa fünf Monaten in Deutschland, seit dem 14. März im Abschiebegefängnis in Grünau. Er musste aus China fliehen, nachdem ihm wegen seiner Mitgliedschaft in der Meditationsbewegung Falun-Gong zum zweiten Mal die Inhaftierung drohte. Anhänger dieser Sekte werden in China seit mehr als fünf Jahren verfolgt. Mit Verhaftungen und Folterungen versuche das Pekinger Regime laut amnesty international die Anhänger zur Abkehr zu zwingen.

Zhangs Mutter sollte wegen ihrer Mitgliedschaft für drei Jahre inhaftiert und dann in ein Umerziehungslager gesteckt werden. Wegen ihres schlechten Gesundheitszustands durfte sie einmal die Haftanstalt verlassen. Seit zwei Wochen ist sie untergetaucht.

Auch bei Zhang sind Folterspuren festzustellen. Doch alle Dokumente, die seine Verfolgung in China beweisen, seien vom Cottbusser Amtsgericht kategorisch abgelehnt worden, berichtet Ziebarth. Dabei sollte Zhang noch als Zeuge aussagen. Die Falun Gong hat gegen die chinesische Regierung Strafanzeige wegen Völkermords gestellt, der die Bundesanwaltschaft auch tatsächlich nach geht. Allein dieser Grund hätte nach Angaben von Jens-Uwe Thomas vom Berliner Flüchtlingsrat ausgereicht, um seine Abschiebung aufzuheben.

Pfarrer Ziebarth spricht von einer „Katastrophe“ in diesem Verwaltungsgericht. Der Richter sei „konsequent voreingenommen“. Eigentlich gebe es nur noch den Weg zum Verfassungsgericht. Dafür reiche aber die Zeit nicht. Der nächste Abschiebetermin ist für den 13. September anberaumt. FELIX LEE