: Nicht grün – und kaum nachhaltig
Die Münchener Agentur Oekom Research hat 26 Öl- und Gasunternehmen untersucht. ExxonMobil ist nichts für Nachhaltigkeitsfonds. Elf andere wären was – laut Rating
„Erdöl“ und „umweltfreundlich“ – die Zusammenführung beider Begriffe schließen sich für Öko-Investoren per se aus. Gleichwohl wird Erdöl schon lange nicht mehr nur verheizt oder als Maschinenantrieb genutzt. Vielen Dingen des täglichen Bedarfs liegt Öl und seine Folgeprodukte als – zurzeit–- noch kaum wegzudenkender Ausgangsstoff zugrunde, bis hin in die Bereich Lebensmittel, Pharmazie und Ökologie. Für diese Abhängigkeit sorgt die Ölindustrie mit verhältnismäßig billigem, ständig und leicht verfügbarem Nachschub.
Eine ganze Reihe von – bei manchen muss man hinzusetzen „angeblichen“ – Nachhaltigkeitsfonds haben zudem die Petro-Industrie im Portfolio. Sie orientieren sich bei der Auswahl an so genannten Best-in-class-Kriterien: Die in Sachen Ökologie nachweislich besten Unternehmen einer Branche finden Einlass – was indes noch nichts darüber aussagt, ob sie tatsächlich umwelt- und sozialfreundlich agieren.
Aber darauf kommt es den Fonds-Managern auch nicht so sehr an. Ihre Begründung für die Aufnahme lautet: Wird die Firma aufgenommen, die sich hinsichtlich ihrer nachhaltigen Wirtschaftsweise vom Rest abhebt, sei dies Ansporn für die anderen, es dem Branchenprimus gleich zu tun. Folge: Die jeweils ausgewählte Branche verbessere insgesamt ihre ökologische Arbeitsweise. Diese Auffassung wird durchaus kontrovers diskutiert. Strenge Öko-Investoren lassen die Finger von solchen Fonds.
Gleichviel: Es gibt sie. Und so sucht das Fonds-Management nach Auswahlkriterien, genannt „Ratings“. Die Münchener Rating-Agentur Oekom-Research hat jüngst 26 Öl- und Gasunternehmen in Sachen nachhaltiger Wirtschaftsweise, nach sozialen und ökologischen Kriterien bewertet. Ergebnis: „Elf Global Player dieser Branche kommen für nachhaltige Investments in Frage.“
Angeführt wird die Liste von Suncor Energy (Kanada) und Eni (Italien), da „sie ihr Bekenntnis zu nachhaltiger Entwicklung konsequent umsetzen und ihre Erfolge in Emissionsreduktionen messbar machen“. Für ChevronTexaco oder ExxonMobil (beide USA) scheint „Nachhaltigkeit hingegen nur ein Lippenbekenntnis zu sein“, wertet Oekom. Sie landeten „wegen mangelnder Aktivitäten für den Klimaschutz“ weit abgeschlagen im hinteren Bereich der Rangliste.
Die Analysten von Oekom Research haben dabei einige zentrale Themen festgelegt, die für die Öl- und Gasbranche „zukunftsweisend und mit einigen Risiken behaftet sind“: Sicherheitsaspekte bei Anlagen und Transporten, Emissionen, Engagements im Bereich erneuerbare Energien sowie Aktivitäten in ökologisch und kulturell sensiblen Gebieten.
Dabei habe sich unter anderem gezeigt, dass „die gesamte Branche bei den Sicherheitsvorkehrungen am Arbeitsplatz und beim Transport von Öl und Gas noch Schwächen hat“, so die Analystin Evelyn Bohle. Tankerunglücke seien weniger auf fachliche Defizite als vielmehr „auf mangelnde Sicherheit zurückzuführen“. Selbst die führenden Unternehmen „haben ihre Flotte bisher noch nicht komplett umgerüstet“, so Bohle, etwa auf doppelwandige Schiffshüllen.
Positiv aufgefallen sind den Analysten hingegen die Entwicklung der Ressourcenverbräuche und Emissionen bei den Branchenführern Suncor und Eni: Durch Maßnahmen wie der Einführung von Kompressions- oder Rückführungssystemen bei der Bohrung nach Rohöl hätten beide Unternehmen in den vergangenen Jahren beispielsweise einen Rückgang der Abfackelungsraten von Gas erzielen können.
Einige Unternehmen investierten bereits in Wind- und Solarenergie oder Brennstoffzellen. Am stärksten involviert seien hier BP und Royal Dutch/Shell. Angesichts der immer deutlicher werdenden Anzeichen eines Klimawandels können aber letztlich auch die Analysten nur hoffen, dass „die Unternehmen hier noch stärker einsteigen“. Dies gelte vor allem für den Branchenriesen ExxonMobil. Der Konzern sei nach wie vor „einer der vehementesten Gegner des Klimaschutzes“, wobei sich inzwischen aber diesbezüglich sogar „Widerstand in den eigenen Reihen“ forme.
Das Research der Münchener beeinflusst nach ihren Angaben 20 Portfolios von mehr als 17 Finanzdienstleistern mit einem Volumen von 800 Millionen Euro, die unter Nachhaltigkeitsaspekten gemanagt werden. Während das Volumen nachhaltiger Publikumsfonds im deutschsprachigen Raum 1998 noch bei 307 Millionen Euro gelegen habe, sei es bis Ende 2002 auf 2,1 Milliarden gestiegen. A. LOHSE
Oekom Research AG, Goethestr. 28, 80336 München