Erweiterte Mission

China schlägt den Iran mit 4:3 im Elfmeterschießenund trifft im Finale des Asien-Cups auf Japan

PEKING taz ■ Als die Fußball-Nationalspieler von China vor zwölf Jahren mit Silbermedaillen um den Hals von den Asien-Spielen in Hiroschima heimkehrten, gingen die Ehrungen in Peking erst richtig los. In der Großen Halle des Volkes gab es weitere Orden für den bislang größten Erfolg in der Historie der Kicker aus dem Reich der Mitte. Der deutsche Trainer Klaus Schlappner erhielt zur Belohnung von Staatspräsident Jiang Ze Min eine Handelslizenz für die Volksrepublik, was damals viel mehr wert war als ein Scheck mit vielen Nullen – und wurde obendrein als „Shi-la-pu-na“ der berühmteste weiße Teufel (so die asiatische Bezeichnung für Europäer) im Land. Auch Gattin Irene wurde zur populären Person. Die Medien rühmten die gescheite Frau, die irgendwo in Tokio ein geheimnisvolles Badesalz aufgetrieben hatte. In großen Zubern hatten die Spieler nach den Partien auf hartem Boden und unter meist sehr hohen Temperaturen ihre Beinmuskulatur entkrampft.

Als das Team der Gastgeber am Dienstagabend unter den Ovationen von 60.000 Zuschauern in die Kabinen ging, dachte Trainer Arie Haan keinen Augenblick daran, wie man ihm das Erreichen des Endspiels beim Asien-Cup honorieren würde. Es ist zweifellos ein erhebender Moment, wenn sich das Workerstadion in ein tosendes Meer aus roten Fahnen mit gelben Sternen verwandelt, aber für den Holländer aus Stuttgart geht die Mission im Workerstadion noch eine Runde weiter. Die nach dem zweistündigen Kampf gegen Irans Auswahl total geschafften Profis mussten erst mal an den Tropf. Mittlerweile sind auch die Erwartungen und Einschätzungen ganz anders: Haans Leute sollen, ja müssen das Endspiel am Samstag gegen Japan gewinnen. Das wäre dann in der Tat der größte Triumph.

Nach außen hält sich der Verband zwar sehr zurück. Manche wünschen den chinesischen Funktionären ein bisschen mehr Propaganda wie zu jenen Zeiten, als alle noch Mao-Mützen trugen und Zuversicht von oben verordnet wurde. Nur in der Marketing-Abteilung der asiatischen Konföderation (AFC) spricht man ganz offen von einem „Traumfinale“ zwischen den zwei Großmächten des Kontinents. Mit keinem anderen Endspiel hätte der neue Fußball-Markt höhere Einschaltquoten und die Sponsoren interessantere Geschäfte machen können. Und im fernen Deutschland hat sich nicht nur Franz Beckenbauer in seiner Eigenschaft als WM-Präsident von 2006 gefreut, als der Perser Yahya Golmohammadi mit der versuchten Kopie des Tschechen Panenka aus dem Elfmeter-Thriller von Belgrad 1976 am chinesischen Torwart scheiterte: Sowohl aus China wie aus Japan werden abertausende Fans auf Besuch kommen zum Konföderationencup im nächsten Juni. Der Asienmeister ist der letzte kontinentale Champion, der sich für den WM-Probelauf qualifiziert.

Internationalen Beobachtern fällt es schwer, den Asien-Cup sportlich einzuordnen. Vor allem, wenn man diesen Wettbewerb immer wieder mit der EM vergleichen will. Das ist schon deshalb unfair, weil in Asien, und dabei vor allem in der japanischen J-League, erst seit 1993 professionell Fußball gespielt wird. Andererseits hat ja die erste Weltmeisterschaft in Fernost deutlich gezeigt, wie schwer die fanatischen Sportskameraden aus Südkorea bzw. Japan zu kontrollieren sind. Die Konkurrenz auf dem gelben Erdteil hat sich seither um einiges verschärft. Teams wie Jordanien, Oman oder Bahrein, die gegenwärtigen asiatischen Aufsteiger, stellten auch für die etablierten europäischen Fußballnationen recht unbequeme Prüfungen dar. Es wäre bestimmt kein Wunder, wenn eines dieser neuen Gesichter bei der großen Fußballmesse in zwei Jahren in Deutschland auftauchen würde.

Auf einzelne Personen kann man sich wohl schon einstellen. Nicht nur Wolfgang Dremmler und Egon Coordes, die Scouts vom FC Bayern München, waren zwischen Chongquing und Chengdu, Beijing und Jinan unterwegs. In den Lobbys der Mannschafts-Hotels machten sich im Verlauf des Turniers immer mehr Agenten und Berater breit. Ali Karimi, Spielmacher und bester Torschütze des Iran, ist ein solches Zielobjekt. Aber auch Abwehrchef Zheng Zhi, der zusammen mit Shao Jiayi (1860 München) für fast zwei Drittel der zwölf chinesischen Tore gesorgt hat, könnte in jeder europäischen Mannschaft mithalten.

MARTIN HÄGELE