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Archiv-Artikel

Independent Ouldenbörgh

In Amerika hat’s einen guten Namen: ab Mittwoch findet das 10. internationale Filmfestival Oldenburg statt

„Gibt es so was nicht schon?“ wird der Filmemacher gefragt, der sein Projekt vorstellt, in dem ein Liebespaar mit einem Ozeanriesen namens Titantic untergeht. „Aber das weiß doch in Oldenburg niemand!“, antwortet er in dem Trailer des Oldenburger Filmfestivals. Hoffentlich, könnte man da antworten, ist der Spot nicht besser als die Filme. Denn im letzten Jahr drohte die professionelle Außendarstellung des Festivals dieses selber in den Schatten zu stellen. Mit einem ähnlich witzigen Trailer, der erstaunlich erfolgreichen „99 Euro-Rolle“ und hippen Partys wurde die Veranstaltung überregional bekannt. Dafür waren viele Filme schlecht und die Organisation oft schlampig.

In diesem Jahr haben die Oldenburger ihren bisher wohl größten PR-Coup gelandet: Vor zwei Wochen versprach „Bild“ in einer Schlagzeile einen „Sex-Schocker“. Gemeint ist damit der neue Film von Larry Clark. In „Ken Park“ gebe es „Schläge, Missbrauch, Selbstbefriedigung, Leben am Abgrund“ unter Jugendlichen in Los Angeles zu bewundern, argwöhnt die Boulevardzeitung. Mit seinem Debütfilm „Kids“ hatte der Independent Regisseur 1995 einen ähnlichen Skandal in Cannes verursacht. Dabei hatte er nur versucht, so wahrhaftig wie möglich darzustellen, wie „Kids“ heute in Amerika leben. In einer Werkschau zeigt Oldenburg alle vier Filme Clarks, der ein idealer Gast zum 10. Jahrestag sein dürfte. Denn von Anfang an war Oldenburg das Festival der US-amerikanischen Independent-Szene. Daher hat „Ouldenbörgh“ unter jungen amerikanischen Regisseuren inzwischen einen guten (wenn auch schwer zu sprechenden) Namen. Die Folge: Manchmal gibt es hier sogar Weltpremieren, wie in diesem Jahr bei dem Thriller „Tough Luck“ von Gary Ellis oder Jon Jacobs Dancefloorfilm „Hey DJ“. Aber auch auf viele andere der 43 Langfilme, die in fünf Abspielstätten gezeigt werden, kann man gespannt sein. So wird der Abschlussfilm, David Cronenbergs „Spider“, schon jetzt von der Kritik als wahrhaft beängstigendes Werk gefeiert, „Northfork“ von Michael Polish wurde beim Sundance-Festival wegen seiner weiten Landschaften, Engel und melancholischen Stimmungen mit Wenders „Himmel über Berlin“ verglichen. In der Retrospektive feiert das Festival schließlich hemmungslos das europäische Unterhaltungskino mit sechs Großproduktionen von Philippe de Broca, der wie kein anderer Jean Paul Belmondo nebst schönen Frauen durch aufregende Abenteuer an exotischen Ortenjagen konnte. Wilfried Hippen

Infos: www.filmfest-oldenburg.de