: Etwas Licht in dunklen Zeiten
DTB-Präsident Georg von Waldenfels erfreut sich bei den US Open an den Siegen von Rainer Schüttler und malt ansonsten ein eher düsteres Bild von der näheren Zukunft des deutschen Tennissports
aus New York DORIS HENKEL
Es gibt in diesen Zeiten nur wenige erfreuliche Amtshandlungen für den Präsidenten des Deutschen Tennis Bundes (DTB), aber ganz oben auf der Liste steht, dem erfolgreichsten Aktiven des Verbandes bei der Arbeit zuzusehen. Georg von Waldenfels, 58, ist voll des Lobes, wenn er über Rainer Schüttler, dessen Coach Dirk Hordorff und über die Erfolge dieses Teams spricht. Und am liebsten würde er Schüttler bis zum nächsten Wochenende siegen sehen; vor drei Tagen ist er angekommen in New York und so lange hat er Zeit, bevor er nächsten Sonntag ins Flugzeug steigt, um zu einer Konferenz des Internationalen Tennis-Verbandes (ITF) nach Rio de Janeiro zu fliegen.
Schüttler ist der Mann fürs Licht in dunklen Zeiten; seit Beginn des Jahres unter den Besten seines Sports, Nummer sechs im Champions Race. Positives fällt dem Präsidenten auch zur Arbeit der Verantwortlichen für das Davis-Cup- und Fed-Cup-Team ein; „Glücksfälle“ seien Patrik Kühnen und Klaus Eberhard, beide äußerst kooperativ und mit vielen Idee. Wenn Waldenfels allerdings, wie jetzt in New York, über das Wohlergehen des deutschen Tennis spricht, atmet er erst mal tief durch und sagt dann: „Wir haben viele Baustellen zurzeit. Die Insolvenz des Verbandes haben wir zwar abgewendet, aber wir haben Probleme mit unseren Turnieren in Berlin und Hamburg, und gute junge Spieler fehlen uns auch.“
Unklar ist immer noch, wie es mit dem größten Frauenturnier in Deutschland weitergehen soll, der traditionsreichen German Open in Berlin. Nachdem der bisherige Titelsponsor (Eurocard) sein Engagement nicht verlängert hat, wird die Gefahr immer konkreter, dass das Turnier 2004 nicht mehr in Berlin stattfinden wird; 400.000 Euro betrug das Minus schon in diesem Jahr. Obwohl sich selbst der Berliner Senat, so Waldenfels, bei der Suche nach einer Lösung sehr engagiert hat, ist unklar, was passieren wird. „Ich gehe immer noch davon aus, dass die großen deutschen Turniere in Berlin und Hamburg auch 2004 stattfinden werden“, sagt Waldenfels, „aber es steht auch fest, dass der DTB keine weiteren Schulden machen kann.“ Bei beiden Turnieren ist der Verband Veranstalter. Bis Ende September, allerspätestens Mitte Oktober gibt er sich und den Berlinern noch Zeit, einen Sponsor aufzutreiben, andernfalls müsse man sich eben vom Standort Berlin trennen.
Die German Open der Frauen mit denen der Männer in Hamburg nach dem derzeit international favorisierten Vorbild der Turniere in Indian Wells und Miami zu kombinieren, ist eine Möglichkeit, aber im Prinzip spricht mehr dagegen als dafür. Zum einen ist auch die Zukunft des Turniers am Hamburger Rothenbaum ungeklärt, und zum anderen müsste die Anlage für eine derartige Großveranstaltung ausgebaut werden.
Besonders bitter ist eine Vision, die Waldenfels gelegentlich plagt. Für den Fall, dass Hamburg nicht als Standort für das Mastersturnier zu halten sein sollte, müsste am Rothenbaum nicht nur das vor einigen Jahren mit Millionenaufwand gebaute Dach über dem Centre Court wieder abgerissen, sondern das gesamte Stadion in den ursprünglichen Zustand zurückgeführt werden. Kein Turnier, kein großes Stadion – so sieht es der Erbbauvertrag vor, den Waldenfels’ Vorvorgänger Claus Stauder seinerzeit unterschrieben hat. In der Hochzeit des deutschen Tennis mit Graf, Becker und Stich, als das Geld floss und mit vollen Händen ausgegeben wurde. Und als sich keiner vorstellen konnte, dass der Verband in absehbarer Zeit gezwungen sein könnte, aus finanziellen Gründen die Rechte an seinen beiden großen Turnieren zu verkaufen.
Manchmal hört es sich so an, als sehe der Präsident diese Angelegenheiten relativ leidenschaftslos, aber vielleicht ist er auch einfach nur Realist und weiß, dass er als Chef der großen Deutschen Tennis-Baustelle (DTB) noch schwere Zeiten vor sich hat bis zum Ende seiner zweiten Amtszeit im Jahre 2005. Rainer Schüttler kann schließlich nicht alles richten.