INDONESIEN: GERICHT FÄLLT ZU MILDES URTEIL GEGEN ISLAMISTENFÜHRER : Rückschlag für die Terrorbekämpfung
Gestern verurteilte ein Gericht in Jakarta den Islamisten Abu Bakar Bashir wegen „Subversion“ zu einer vierjährigen Haftstrafe. Dieses Urteil kommt angesichts der Schwere der zuvor gegen Bashir erhobenen Vorwürfe fast einem Freispruch gleich. Bashir konnte nach Meinung der Richter weder nachgewiesen werden, dass er Führer des südostasiatischen Terrornetzes Jemaah Islamiyah sei, noch, dass er den Sturz der Regierung geplant habe. Die vierjährige Strafe des Gerichts macht nun Beteiligung an Subversion eher zu einem Kavaliersdelikt, zumal Bashir von der Strafe schon fast ein Jahr abgesessen hat.
Die Verhandlung gegen Bashir unterschied sich deutlich von den Bali-Prozessen. Die dort Angeklagten bestritten nie ihre Tatbeteiligung, strittig war nur ihre genaue Rolle. Im Unterschied zum in Bali zum Tode verurteilten Amrozi, der den Bombenanschlag mit einem Lächeln rechtfertigte, gerierte sich Bashir stets als seriöser Geistlicher, der mit Gewalt nichts zu tun habe und vielmehr selbst Opfer einer amerikanisch-jüdischen Verschwörung sei. Bashir bestritt stets die gegen ihn erhobenen Vorwürfe, ohne sein islamistisches Gedankengut zu verhehlen – das nicht strafbar ist.
Die für ihre politische Abhängigkeit bekannte Staatsanwaltschaft hätte Bashir nachweisen müssen, dass er zu Terrorakten aufgefordert hat. Dabei war ihr wohl bewusst, dass die Regierung einheimische Islamisten bisher mit Samthandschuhen anfasste und Bashir vergangenes Jahr sogar von Vizepräsident Hamzah Haz persönlich hofiert worden war. Dies dürfte den Eifer der Staatsanwälte gebremst haben. Wenn diese ihre Arbeit nur halbherzig machen, müssen die Richter dem Grundsatz „im Zweifel für den Angeklagten“ folgen.
Die Entscheidung des Gerichts, Bashir in den Hauptpunkten freizusprechen, macht jetzt die Verschwörungstheorien des Islamisten für viele Indonesier glaubwürdiger. Ein womöglich später neu aufgerollter Prozess ließe sich erst recht als Ergebnis amerikanischen Druckes erklären. Dieses Urteil ist ein Rückschlag für die Terrorbekämpfung. SVEN HANSEN