piwik no script img

Archiv-Artikel

Darf Wasser privatisiert werden? Nein.

Nein

Das größte Interesse an der Wasserprivatisierung hat immer noch die Weltbank. Und zu häufig steigen die Gebühren der Kunden privater Konzessionäre, während ihre Investitionsversprechen uneingelöst bleiben.

Normalerweise werden VerfechterInnen von Heilslehren belächelt. Anders die Privatisierungsjünger. Sie bestimmen nicht nur die öffentliche Debatte, sondern auch die praktische Politik. Ihr Credo: Staatsunternehmen sind ineffizient, korrupt und modernisierungsfeindlich. Von dieser Geißel können uns nur profitmaximierende Unternehmen befreien. Selbst die globale Wasserkrise würde rasch und effizient beseitigt, ließe man nur Konzerne wie Vivendi, RWE oder Ondeo ran.

Schützenhilfe kommt von der Weltbank: Eine Verdopplung der jährlichen Investitionen von 60 bis 70 Milliarden US-Dollar sei für eine flächendeckende Wasserversorgung nötig – zu viel für die öffentliche Hand. Private sollen einspringen, sei es als Kapitalgeber oder Konzessionäre. Die Weltbank selbst hat reagiert: Ein Sechstel ihrer Kredite fließt bereits in den Wassersektor, jährlich 3,5 Milliarden Dollar. Dies aber nur unter der Auflage der Privatisierung. Public Private Partnership (PPP) lautet ihr Zauberwort, das längst auch in die staatliche Entwicklungspolitik Einzug gehalten hat.

Verschiedenste Formen können solche Partnerschaften annehmen, am stärksten verbreitet sind Konzessionsverträge. Nach Ansicht des Entwicklungsministeriums (BMZ) eine gute Sache. „Generell steigen die potenziellen Gewinne der Gesellschaft mit zunehmendem Grad der Privatisierung“, lernen wir in einem BMZ-Spezial.

Dieser verordnete Optimismus beißt sich aber mit der Realität. Zu häufig stiegen die Gebühren kurz nach der Konzessionsvergabe deutlich an, während Investitionsversprechen uneingelöst blieben, so in Conakry in Guinea, Jakarta in Indonesien oder Cochabamba in Bolivien. Aus Furcht vor dem Zorn der Wähler gingen manche Regierungen zur direkten Unterstützung sozial Schwacher über: sei es durch die Vergabe zinsgünstiger Kredite, die Ausgabe von Wassermarken oder kostenloser Sozialanschlüsse. Der Effekt: eine indirekte Subventionierung der Investoren, um den Schein von „Kostendeckung“ zu wahren.

Bevor sich heute ein Konzern im Süden engagiert, wird ihm ein „Rundum-sorglos-Paket“ geschnürt. Den Großteil der Investitionen tätigt er ohnehin nicht selbst, dafür gibt es die Kredite von Weltbank oder BMZ. Künftige Gewinne lässt man sich garantieren, und das Gastland gleicht mögliche Währungsverluste aus. Nicht selten kommen Steuervergünstigungen und kostenlose Wasserlieferungen hinzu. Erst wenn alle Risiken abgefedert wurden, lässt man sich auch manches Wohlklingende ins Pflichtenheft schreiben: Neuanschlüsse, Instandhaltung oder sozialverträgliche Gebühren. Damit all dies aber nicht zu Rechtsansprüchen führt, unterliegt der Konzessionsvertrag der Vertraulichkeit – Unternehmenshaftung unerwünscht, demokratische Kontrolle ebenso.

Faktisch ist die Geheimhaltung ein Einfallstor für Korruption. Sprudeln die Gewinne trotzdem nicht wie gewünscht, wird wie jüngst in Manila die Flucht ergriffen. Dies allerdings nicht, ohne zuvor den Staat auf Schadenersatz zu verklagen. Internationale Handelsverträge machen’s möglich. Übliche Praxis bei diesen Streitigkeiten: Zukünftig entgangene Gewinne schlagen bei der Schadenssumme zu Buche. Die Strafen betragen daher häufig das Mehrfache der ursprünglichen Investitionen. Private versorgen nur fünf Prozent der Weltbevölkerung. Auch PPPs wurden nur in den Ballungszentren weniger Länder geschlossen. An ärmeren Staaten und der Landbevölkerung ging dieser Kelch vorüber.

Der Gipfel der PPP-Euphorie ist dabei längst überschritten: Seit 1996 sinkt die private Beteiligung im Wassersektor. Dessen Finanzierung bleibt eine Staatsaufgabe: Knapp 70 Prozent der Kosten schultern Regierungen, Städte und Gemeinden, 17 Prozent steuert die Entwicklungshilfe bei, und nur 13 Prozent stammen aus diversen privaten Quellen: vom Bauern, der sich eine Wasserpumpe kauft, über die Selbsthilfekooperative, die Lecks stopft, bis zum Multi, der eine Konzession erwirbt. Gemessen an ihrem geringen Beitrag zur Lösung der Wasserkrise werden Konzerne viel zu üppig mit öffentlichen Geldern bedacht. Diese knappen Mittel in demokratisch kontrollierte, partizipative und lokal angepasste Alternativen zur Privatisierung umzulenken, sollte die Herausforderung sein.