BERLINER PLATTEN : Frei flottierend durch Raum und Zeit: Freddy Fischer and his Cosmic Rocktime Band tanzen um die Discokugel
Bei Freddy Fischer and his Cosmic Rocktime Band handelt es sich um Unterhaltungsmusik. Punkt.
Damit wäre das Wichtigste schon gesagt, aber so knapp kommt man dann halt auch bei den scheinbar einfachen Sachen nicht davon. Was mit an Freddy Fischer selbst liegt, der nach dem Tingeln durch die Berliner Kleinclubs nun in die Vollen geht und gleich zwei Alben vorlegt, gleichzeitig, die einen so in einen historischen Schwitzkasten nehmen, der gleich im Entree der einen Platte „Superdisco #1“ mit „Discomusic“ in einem Vers beschrieben wird, wenn Fischer singt: „Komm und tanz mit mir zur Discomusic, morgen gehen wir dann zum Rock am Ring.“ Denn damit wird wie nebenbei ein Feld befriedet, das man aus der historischen Perspektive heraus nur mit so einer Die-Türken-vor-Wien-Atmosphäre kennt. Ein Schlachtfeld, auf dem ein Miteinander gar nicht möglich war, mit dem christlichen Abendland und seiner Rockmusik hier, die doch gegen den Angriff durch Disco verteidigt werden musste, in den Siebzigern. Was sich trotz Techno und Track eigentlich bis heute hält, jedenfalls ist seither auf dieser Brache wenig gewachsen, Rocko Schamoni vielleicht oder in München die Merricks mit forciertem Discoschlager. Und früher mal, in der Peripherie der Peripherie, also der DDR, die schicken und jazzvertrauten Liedmodelle eines Manfred Krug. An denen darf man Freddy Fischer messen mit seiner Discomusic, die live noch mal ein Stückchen mehr Spaß macht, weil Fischer auch den Jazzrock hat und dabei durchaus einen Keith Emerson niederorgeln kann.
Textlich bleibt man augenzwinkernd im Schlagerbereich, mit dem Herz und mit dem Schmerz, kokett geseufzt. Aber auf dem Tanzboden sind Worte ja gar nicht dazu da, um Worte zu machen, sondern funktionaler Teil der Musik. Sechs Worte reichten Silver Convention einst, um auf Platz eins der US-Charts zu kommen, und die Effizienz von diesem „Fly, Robin, fly, up up to the sky“ weiß Fischer sogar zu toppen in „Superdisco“. Ein Wort nur: Superdisco. Besonders schön dabei natürlich das kurze Kraftwerk-Flimmern zwischendrin in seiner Hommage an die Munich Music Machine.
Das sind jetzt natürlich die reformierten Siebziger, was im Echo der zweiten, unbetitelten Platte von Freddy Fischer dann richtig spannend wird, weil die als sein Debüt laut Cover aus dem Jahr 1974 stammen soll und erst jetzt aus über die Zeit vergessenen Restbeständen wieder auf den Markt kommt (der Fischer auf dem Cover hier ähnelt altersmäßig aber verteufelt dem Fischer auf dem Cover von „Superdisco #1“). Dieses Zurechtrücken von historischen Verhältnissen und das dort zu verorten, wo es herkommt, damals in dieser Verbindung aber gar nicht wirklich möglich war, das ist dann schon die große Kunst. Was die unbetitelte Fischer-Platte schon jetzt zur Platte des Jahres macht, obwohl sie genau so klingt wie die andere, „Superdisco #1“. Beide gibt es auf Vinyl, im Doppelpack als CD. Und heute Abend stellt Freddy Fischer das alles im White Trash vor.
Einfach nur sehr gute Unterhaltungsmusik. THOMAS MAUCH
Freddy Fischer and his Cosmic Rocktime Band: „Freddy Fischer and his Cosmic Rocktime Band“ + „Superdisco #1“ (Sounds of Subterrania) Live heute White Trash, 22 Uhr, 6 €