: Gummiboot in Seenot
Ohne Wenn und Aber hätte Hannover in Leverkusen gewinnen können. Aber 96 verlor mit 1:2
Leverkusen taz ■ Sie sanken zusammen wie mit einer Machete bearbeitete Gummiboote in jener 91. Minute. Ungerecht bestrafte Kreaturen kauerten überhitzt und entkräftet auf dem Rasen, und Schiedsrichter Wack blickte sich um, hatte ein Einsehen, pfiff die Partie ab und beförderte Hannovers erstes Unglück der neuen Bundesligasaison in den Status der Endgültigkeit. 2:1 haben die Niedersachsen das Spiel in Leverkusen verloren, es war ein gutes Spiel, das Ewald Lienens Spieler zustande gebracht hatten, ob es sich jedoch positiv oder negativ auf die nächsten Wochen auswirkt, hängt von den psychischen Fähigkeiten dieser Mannschaft und ihres Umfeldes ab. „Ich bin zufrieden vom Charakterlichen her, ich habe viele Dinge gesehen, auf die wir aufbauen können“, meinte Lienen.
Denn der Erfolg – ein Punktgewinn beim Favoriten – war schon sicher gewesen. Viele Leverkusener Zuschauer befanden sich bereits verärgert auf dem Heimweg nachdem ein Freistoß von Ricardo Sousa an die Latte und eine wunderbare Chance von Daniel Stendel in der Schlussphase sogar zu einem Auswärtssieg hätten führen können. Leverkusen wirkte energielos, das Publikum war unruhig, obwohl Schneider wenigstens die frühe Führung der Gäste egalisiert hatte (49.). Lienen bezeichnete diese 91. Minute als einen „Zeitpunkt, in dem der Gegner eigentlich gar nicht mehr will“, doch ausgehend von einem durchaus mit Willenskraft gewonnenen Zweikampf Jens Nowotnys gegen Thomas Christiansen entwickelte sich jener Angriff, den der großartig spielende Franca zum 2:1 vollendete und der den 96ern noch einige Wochen in den Knochen stecken dürfte. Am kommenden Wochenende hat das Team spielfrei, weil die AWD-Arena noch nicht bereit für die Bundesliga ist, und nach der Länderspielpause folgt das Auswärtsspiel bei Borussia Dortmund. Gut möglich also, dass die Spieler noch einige Wochen auf ein befreiendes Erfolgserlebnis warten werden.
„Wir müssen das Positive hervorheben“, begegnete Manager Ilja Kaenzig diesen Befürchtungen, und davon darf 96 in der Tat so manches mit nach Hause nehmen. Die Defensive scheint mit Per Mertesacker und Dariusz Zuraw stabil zu sein. Und Michael Tarnat, der mit einem wuchtigen Freistoß aus 30 Metern in den Winkel traf (15.) erhöht die Gefährlichkeit bei Standards. Dazu wird auch der eingewechselte Portugiese Ricardo Sousa beitragen, er trat gute Ecken, hatte ebenfalls einen tollen Freistoßversuch und spielte vielversprechende Pässe in die Spitze. Schwachpunkt war lediglich – wie von vielen Experten prophezeit – die Chancenverwertung. Wenn auch dort vorne jene Sicherheit und Souveränität geherrscht hätte, wie sie der neue Torhüter Robert Enke auf seine Abwehr abgestrahlt hat, dann hätte 96 dieses Spiel gewiss gewonnen. Daniel THEWELEIT