Arafat sieht Roadmap gescheitert

Der Machtkampf zwischen Palästinenserpräsident Jassir Arafat und Premier Abu Masen steht vor der Entscheidung. Doch die Position Abu Masens ist schwach, denn die Lage der Palästinenser hat sich durch die Friedensinitiative nur verschlechtert

aus Jerusalem SUSANNE KNAUL

Palästinenserpräsident Jassir Arafat hat die Hoffnung auf eine Wiederaufnahme des Waffenstillstandes der militanten palästinensischen Organisationen zerschlagen. „Die Roadmap ist tot“, erklärte Arafat am Dienstag in einem Interview des Fernsehsenders CNN. Grund dafür seien die israelischen Militäroperationen. Ferner hätten die USA nicht genug getan, um den Friedensplan gelingen zu lassen.

Heute will der palästinensische Premierminister Mahmud Abbas (Abu Masen) Bericht über die ersten hundert Tage im Amt ablegen und das Parlament um Vertrauen für seine Politik bitten. Andernfalls werde er von seinem Posten zurücktreten.

Führende Fatah-Abgeordnete äußerten Zweifel, ob Abu Masen auf eine Mehrheit im Parlament bauen kann. Große Erfolge hat der Premierminister nicht vorzuweisen. Hatte das Parlament die „Roadmap“ zunächst unterstützt, so wächst angesichts der unverändert schwierigen palästinensischen Lebensumstände der Widerstand gegen diesen Weg. Parallel zu dem eskalierenden Kampf der Israelis gegen Extremisten und umgekehrt sieht sich Abu Masen erneut mit Palästinenserpräsident Jassir Arafat konfrontiert, zu dem er seit über einer Woche praktisch keinen Kontakt mehr hat. Parlamentspräsident Achmed Kurei nannte die Situation „beschämend“. Arafat und Abbas „hassen sich“. Der Minister für Sicherheitsangelegenheiten Mohammed Dahlan rechnet zwar mit einer Einigung, die allerdings nicht von langer Dauer sein werde.

Bei dem Konflikt geht es um die Kontrolle der palästinensischen Sicherheitsdienste, von denen noch rund 60 Prozent Arafat unterstehen. Abu Masen will vom Parlament die Befugnis über alle Sicherheitsdienste zugesprochen bekommen, um personelle und strukturelle Reformen voranzutreiben und wirkungsvoller gegen Widerstandsgruppen vorgehen zu können. In jüngster Vergangenheit hatten die Sicherheitsdienste wiederholt gegeneinander gearbeitet, nachdem Arafat seinen Vertrauten Dschibril Radschub zum Sicherheitschef machte, der wiederum mit dem Minister für Sicherheitsangelegenheiten, Mohammed Dahlan, zerstritten ist.

„Wenn es den beiden (Arafat und Abbas) nicht gelingt, einen Kompromiss zu erreichen, werden wir in einer Sackgasse landen“, fürchtet die parteiunabhängige Abgeordnete Raywa A-Schawa aus Gaza. Die Vorstellung, man könne ohne Arafat zu einem Friedensabkommen geraten, nannte sie „illusorisch“. Das Problem mit Abu Masen sei vor allem, dass er ungeachtet seiner Stellung innerhalb der PLO und der Fatah „kein politischer Führer ist“. Gleichzeitig „hat er eine sehr schwere und unpopuläre Mission zu erfüllen“.

Dem Friedensplan mangelte es an „wirtschaftlichen Perspektiven für die Palästinenser“. Anstelle von offenen Straßen und Bewegungsfreiheit, die sich die Palästinenser von der jüngsten Friedensinitiative erhofft hatten, „sind mehr Menschen ohne Häuser und Land“, erklärt A-Schawa in Anspielung auf die Landenteignungen für die von Israel errichteten Trennanlagen.