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Archiv-Artikel

Bombenexplosionen erschüttern Istanbul

Zwei Tote und elf Verletzte bei vier fast zeitgleichen Anschlägen. Die Polizei glaubt an eine Täterschaft der PKK

ISTANBUL taz ■ Gleich vier nahezu zeitgleich gezündete Bomben, haben in der Nacht von Montag auf Dienstag Istanbul erschüttert. Bei den Anschlägen starben zwei Menschen, elf wurden zum Teil schwer verletzt. Die Bombenanschläge richteten sich gegen zwei kleine Hotels in der historischen Altstadt in Sultanahmet und im angrenzenden Bezirk Laleli. Zwei weitere Bomben explodierten am Stadtrand in einer Flüssiggas-Abfüllanlage. Sie richteten nur Sachschaden an.

Gegen 2.00 Uhr morgens kündigte ein Anrufer im Hotel Pars in Laleli an, dass in wenigen Minuten eine Bombe hochgehen werde. Die kurz darauf erfolgte Explosion tötete einen Iraner sofort, ein schwer verletzter Türke starb wenig später. Fast gleichzeitig explodierte eine Bombe im Star Hotel in Sultanahmet. Hier gab es Verletzte, unter anderem Holländer, Touristen aus China und der Ukraine.

Der Istanbuler Polizeipräsident Celalettin Cerrah und Innenminister Abdulkadir Aksu sprachen von einem terroristischen Angriff. Anders als bei den Anschlägen auf Synagogen und britische Einrichtungen im November 2003, die islamische Terroristen aus dem Umfeld von al-Qaida verübten, glaubt die Polizei nun an eine Täterschaft der kurdischen PKK/Kongra-Gel. Gewissheit habe man erst, wenn der Sprengstoff analysiert sei, sagte Innenminister Aksu.

Die PKK hatte zum 1. Juni einen fünfjährigen Waffenstillstand aufgekündigt und gedroht, auch wieder touristische Einrichtungen angreifen zu wollen. Seit Juni hat sich die kurdische Guerilla, die dem türkischen Staat vorwirft, nie zu Friedensverhandlungen bereit gewesen zu sein, auf Angriffe in den kurdischen Gebieten beschränkt. Dabei wurden bereits etliche Soldaten und Polizisten getötet.

Vor wenigen Tagen hat die Polizei vier Kurden in Istanbul verhaftet, denen sie vorwirft, als PKK-Anhänger an Angriffen auf staatliche Einrichtungen beteiligt gewesen zu sein.

Die PKK Nachfolgeorganisation Kongra-Gel steht mit dem Rücken zur Wand. Sie befürchtet, im Nordirak nicht länger geduldet zu werden und mit der Liberalisierung in den kurdischen Gebieten der Türkei ihre Anhänger in der Bevölkerung zu verlieren. Seit Kongra-Gel auf die europäische Terrorliste gesetzt wurde, hat die Partei auch gegen die EU-Orientierung der Türkei Front gemacht. Es ist möglich, dass die PKK darauf setzt, mit Angriffen auf Hotels das Tourismusgeschäft zu beeinträchtigen und für neue Verunsicherung in Westeuropa zu sorgen.

JÜRGEN GOTTSCHLICH