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Archiv-Artikel

Flüchtlinge blockieren Lager

Bereits zum zweiten Mal protestieren Asylsuchende mit einer Menschenkette gegen miserable Bedingungen in der Landesaufnahmestelle in Bramsche

Von ksc

Bramsche taz/dpa ■ An der Pforte verschränkten sie die Arme, bildeten eine Menschenkette – und blockierten so schon zum zweiten Mal binnen zwei Wochen die umstrittene Landesaufnahmestelle in Bramsche. Rund 40 Asylbewerber hinderten gestern so die Mitarbeiter der Einrichtung etwa eine Stunde lang, zur Arbeit zu gehen. „Sie protestierten damit gegen die miserablen Bedingungen im Lager“, sagte Markus Schröder vom Osnabrücker Bündnis gegen Abschiebung.

Die Polizei sei mit acht Einsatzfahrzeugen angerückt. Nach einigem Hin und Her lösten sich die Proteste friedlich auf. Bereits Ende Juli hatten rund 100 Asylbewerber vorübergehend die Landesaufnahmestelle blockiert. Insgesamt leben in der ehemaligen Kaserne 540 Asylsuchende aus fast 30 Nationen.

„Die medizinische Versorgung ist schlecht, zum Teil müssen bis zu sechs Flüchtlinge in einem Raum leben, täglich drohen Abschiebungen“, kritisierte Schröder. Außerdem gebe es „Anzeichen, dass Polizei im Lager stationiert werden soll“.

Im Zuge der Vorbereitung einer Protestaktion würden „die Flüchtlinge massiv eingeschüchtert“, heißt es in einem Schreiben vom Bündnis und der Karawane für die Rechte der Flüchtlinge und MigrantInnen. Unter anderem sei den Asylsuchenden mit Finanzkürzungen gedroht worden, wenn sie sich an dem Widerstandscamp beteiligten. Der Auftakt der bundesweiten so genannten „Anti-Lager-Action-Tour“ ist vom 20. bis 24. August nach Angaben des Vereins Avanti ein Camp in der Nähe der Landesaufnahmestelle in Bramsche. Die Polizei rechnet mit 500 bis 1.000 Teilnehmern.

Noch ein Vorwurf: Bei der Überstellung einer Tschetschenin nach Österreich soll die Polizei besonders ruppig vorgegangen sein. Dienststellenleiter Conrad Bramm hingegen betonte gestern, bei der Überstellung sei „alles ohne Probleme über die Bühne gegangen“. Als unwahr bezeichnete er Presseberichte, nach denen die schwangere Frau in Handschellen abgeführt worden sei. Bramm: „Nur ihr Mann wurde gefesselt.“

Die Behandlung der Frau war unter anderem Grund für einen öffentlichen Beschwerdebrief von im Lager untergebrachten Tschetschenen (taz berichtete). Inzwischen wiederholten die Flüchtlinge ihre Klagen in einem zweiten Brief. „Unsere Qualen scheinen kein Ende zu nehmen“, heißt es darin. Und: „Wir halten es nicht aus in diesem Lager hinter Stacheldraht, wir befinden uns alle am Rande des Zusammenbruchs“. ksc

Weitere Stationen der „Anti-Lager-Action-Tour“: Hannover (25. August), Halberstadt (26. August), Berlin (1. September) und Eisenhüttenstadt (2. September). Weitere Infos: www.nolager.de