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Archiv-Artikel

Faule Tricks gegen AsylbewerberInnen

Ausländerbehörde in Paris lockt MigrantInnen mit Hoffnung auf Asylverfahren in eine Abschiebefalle. Eine Rechtsanwältin vermutet, dass mit solch faulen Tricks AusländerInnen von erneuten Asylanträgen abgeschreckt werden sollen

AUS PARIS DOROTHEA HAHN

„Réception“ – Empfang. Das schöne Wort prangt über dem Eingang zu dem Gebäude im 19. Pariser Arrondissement. Doch was 30 AusländerInnen im „Centre de Réception des Étrangers“ (CRE) widerfuhr, hat nichts mit Gastfreundlichkeit zu tun. Die Frauen und Männer aus Mauretanien, Angola, dem Kongo und der Türkei waren für den 22. Juli ins CRE vorgeladen, um einen Asylantrag zu stellen. Doch als sie sich um 10 Uhr einfanden, schnappte eine Falle zu. PolizistInnen luden sie in einen Bus und verfrachteten sie in Kommissariate der Nachbarschaft. Tags drauf verfügte der Pariser Präfekt ihre „Rückführung an die Grenze“ – ihre Abschiebung aus Frankreich.

Nur dem schnellen Eingreifen mehrerer Menschenrechtsorganisationen haben die AbschiebekandidatInnen zu verdanken, dass sie noch in Frankreich sein können. Die Organisationen riefen die Gerichte an. Am 27. Juli entschied das Appellationsgericht, dass die Verhaftungen illegal waren und der Europäischen Menschenrechtskonvention widersprechen. Das Gericht bestritt nicht das grundsätzliche Recht der Behörden auf Abschiebung, aber bemängelte die Vorladung unter falschem Vorwand.

Gestern Vormittag wird vor dem CRE demonstriert. Die Rechtsanwältin Marie Cheix, die vier Abschiebekandidaten vertreten hat, schimpft: „Das war eine Razzia.“ Ihre Mandanten sind wieder auf freiem Fuß. Sie wollen immer noch Asyl beantragen. Aber ihre Anwältin weiß: „Sie haben jetzt Angst davor.“ Jean-Pierre Alaux von der ImmigrantInnengruppe „Gisti“ fühlt sich „an dunkle Zeiten“ erinnert. Der Vorsitzende der KP-Fraktion im Rathaus, der eine Trikolore-Schärpe trägt, appelliert an die Beschäftigten des CRE, keinen „Übereifer“ an den Tag zu legen.

Direkt hinter den DemonstrantInnen – abgesperrt durch Polizeigitter – stehen hunderte Menschen aus aller Welt Schlange. Für AsylbewerberInnen in Paris ist das CRE eine Pflichtstation. Manche Wartende sind bereits am Abend zuvor gekommen, um sich einen Platz in der Schlange zu sichern.

Ein junges georgisches Paar mit Baby versucht an diesem Vormittag seinen dritten Mal, zu den CRE-Schaltern vorzudringen. An den beiden Tagen zuvor schloss das CRE, bevor das Paar an der Reihe war. Während der Kundgebung suchen zwei leitende CRE-Mitarbeiter das Gespräch mit den DemonstrantInnen und bieten dem georgischen Paar an, direkt zum Schalter zu kommen. „Warum stellen Sie keine Schilder auf, damit Leute mit Kindern direkt vorgelassen werden?“, fragt eine grüne Politikerin. „Dann würden hier alle mit Kindern kommen“, ist die Antwort.

Anwältin Cheix mag nicht glauben, dass CRE-Beschäftigte bei der Vorladung zur Verhaftung ohne Rückendeckung des Innenministeriums handelten. Seit Januar gelten neue Regeln. Sie erlauben es manchen abgelehnten AsylbewerberInnen, einen neuen Antrag zu stellen. Cheix vermutet: „Hier sollen Leute abgeschreckt werden, damit sie erst gar keinen Antrag stellen.“