Lagerkoller in Bramsche

Niedersachsen: Landesregierung plant zentrale Unterbringung von Asylbewerbern. Flüchtlingsrat nennt das „diskriminierend und inhuman“

HANNOVER taz ■ Auch Asylsuchende müssen demnächst offenbar unter der Sparpolitik der niedersächsischen Landesregierung leiden. Laut einem Schreiben des Innenministeriums soll im kommenden Jahr durch eine Aufstockung der Plätze im Durchgangslager in Bramsche bei Osnabrück von 300 auf 550 eine Million Euro gespart werden. Sehr zum Unbill des niedersächsischen Flüchtlingsrates.

Die Unterbringung von Menschen auf engstem Raum sei „diskriminierend und inhuman“, schrieb Flüchtlingsrat-Geschäftsführer Kai Weber in einem offenen Brief. Der „Wohnkomfort“ im ehemaligen Grenzdurchgangslager Bramsche-Hesepe und anderen Lagern lasse „sehr zu wünschen übrig“. Nach „wissenschaftlichen Erkenntnissen“ litten die Asylsuchenden in solchen Unterbringungsstätten häufig unter „lagertypischen Erkrankungen“, zum Beispiel Lagerkoller. Zudem sei die dezentrale Unterbringung durch die Kommunen günstiger: Die Thüringer Landesregierung habe errechnet, dass die Einzelunterbringung von 150 Personen jährlich etwa 450.000 Euro spare, also 3.000 Euro pro Flüchtling.

Hinter der zentralisierten Lagerunterbringung steckt offenbar ein neues Konzept der Landesregierung, Asylsuchende aus ihren Wohnungen, die sie von den Gemeinden gestellt bekommen, abzuziehen. Einerseits sei es nicht Aufgabe der Kommunen, sondern des Landes, für die Asylbewerber zu sorgen, heißt es im Schreiben aus dem Haus von Innenminister Uwe Schünemann (CDU). Andererseits spreche viel für eine Aufstockung der Kapazitäten in Bramsche.

Da die Zahl der Asylbewerber, die Niedersachsen zugewiesen wurden, seit 1992 von 42.000 auf 7.000 im Jahr 2002 reduziert wurde, das Personal im Lager jedoch weiter beschäftigt werden müsse, sei eine Schließung unter „Kostengesichtspunkten unakzeptabel“. Richtig sei aber, dass „die Wirtschaftlichkeit entscheidend verbessert“ werden müsse. Deshalb sollen jüdische Emigranten aus der früheren Sowjetunion wieder ins Lager Friedland kommen und Bramsche nur noch für Asylbewerber offen stehen. Die Planungen sind fortgeschritten. Die Landkreise Osnabrück und Bramsche wollen eine Arbeitsgruppe einsetzen, die sich mit der „stärkeren Kriminalitätsbelastung der Stadt Bramsche“ befassen soll.

Kai Schöneberg