Haarscharf ausgesuppt

Arabiata: Was liegt näher, als einen Asia-Suppentest in Jordanien durchzuführen

AMMAN taz ■ In Jordaniens Hauptstadt Amman in der Mittagspause mal schnell auf Nahrungsmittelsuche zu gehen, ist ein leichtes Unterfangen – insofern als sich an jeder dritten Ecke irgendeine Fressbude befindet. So ziemlich jede US-amerikanische Schnellrestaurantkette hat hier mehrere Niederlassungen. Und auch Buden mit arabischen Imbissen gibt es in Hülle und Fülle: Schawarma und Falafel; Hummus und Kubbe – oder: von der Fölle in die Hölle.

Mir war die Nahrungsmittelvielfalt auf Ammans Straßen allerdings lange Zeit unbekannt. Am ersten Abend nach meiner Ankunft in Jordanien hatte ich in einem Supermarkt ein Regal mit Asientütennudelsüppchen entdeckt; ein Regal, das so lang und so hoch und so voller Asientütennudelsüppchen war, als es hätte der jordanische Supermarktbetreiber persönlich aus Peking schanghait. Sofort deckte ich mich mit fünf verschiedenen, wahllos gewählten Packungen ein. Zwar hatte ich mir fest vorgenommen, mittags eine Stunde lang rauszugehen, mich ein wenig umzugucken und nebenbei etwas zu essen. „Aber manchmal“, so sagte ich mir, „werden die Zeiten ja richtig hektisch. Da werde ich sie brauchen! Einfach zerbröseln, kochendes Wasser drauf und eben zwischendurch ein schnelles Süppchen schlabbern!“ Tags drauf jedoch war ich mittags zu faul rauszugehen. Und so stand ich erstmals vor meinen Asientütennudelsüppchen und wusste nicht, für welche ich mich entscheiden sollte. Ich schloss die Augen, mischte meine Finger und zeigte schließlich auf „2 Minutes Noodle Soup – Vegetable“ (Product of Indonesia). Anschließend fragte ich mich, ob ich richtig gehandelt hatte; hätte ich nicht vielleicht besser eine „Rasa Sup Sayuran Vegetable Soup“ (Product of Indonesia)? Oder eine „Orientel Style Prawn-Flavour“ (Made in Singapore)? Und sollte nicht eine der Asientütennudelsüppchen langfristig zu meinem Liebling avancieren, weil doch jeder Mensch ein Lieblingsasientütennudelsüppchen braucht? Was aber wäre, wenn sich mein Lieblingsasientütennudelsüppchen gar nicht unter den fünfen, die ich gekauft hatte, befand? Da stand ich nun, ich armer Tor, und suppte als wie zuvor …!

Der Entschluss war gefasst: Abends fuhr ich erneut zu besagtem Supersuppenmarkt und erstand von jeder Asientütennudelsüppchenverpackung genau eine. Mein Plan: Die Erstellung einer streng wissenschaftlichen, mithin objektiven Hitliste der in Jordanien erhältlichen Asientütennudelsüppchen. Fortan verputzte ich täglich – auch an Sonn- und Feiertagen – eine Portion und vermerkte in einer Liste genauestens: Asientütennudelsüppchenname, -herkunft sowie -geschmacksrichtung. Obendrein goss ich den Gout in Worte und gab am Ende eine Wertung ab mit Punkten auf einer Skala von 1 bis 100.

Da ist zum Beispiel über „Ramen Noodle Soup – Shrimp Flavour“ (Made in USA) zu lesen: „Krabbengeschmack könnte kaum fischiger sein.“ Das Geschmackspulver besteht offenbar aus echten geschredderten Gräten und wohl auch Teilen von Fischmüll, nicht nur aus Geschmacksstoffen. Wirklich gelungen; sehr lecker. Oder über „Soup – Fried Onion Chicken Flavour“ (Product of Indonesia): „Ein köstliche Suppe.“ Wahrscheinlich wurden für die Sauce echte Hühnerfüße ausgekocht und gar nicht – wie auf der Packung behauptet – „kunstmatiges Kippevleesextract“ benutzt.

Gestern nun schloss ich die Testreihe nach 488 Tagen ab. Ich hatte sie alle probiert, eingeschlossen jene „2 Minutes Noodle Soup – Vegetable“ (Product of Indonesia), mit der alles begonnen hatte. Auf Platz eins der Hitliste, das ergab deren Auswertung bereits um 13:11 Uhr, war mit 97,8 Punkten – richtig – „Ramen Noodle Soup – Oriental Flavour“ (Made in USA) gelandet. Und „Instant Noodles – Meat Ball Flavour“ (Product of Indonesia) auch. Und die anderen Asiennudeltütensüppchen. Zwar schmecken sie ganz bestimmt nicht alle gleich, aber ich konnte trotzdem keine Unterschiede feststellen. Nur zwei haben mir nicht zugesagt. Um keine Negativwerbung zu machen, bleiben ihre Namen natürlich ungenannt. Genannt sei lediglich ihre Punktzahl: Sie erhielten 97,7. Bei der einen war mir zu wenig Sojasauce mitgeliefert worden; zwischen den Nudeln der anderen fand ich das berühmt-berüchtigte sprichwörtliche Haar!

Darauf kippte ich, der erste deutsche Asientütennudelsuppensomellier in Jordanien, eine Dose Tomatensuppe und zog aus, die arabischen Spezialitäten zu entdecken. BJÖRN BLASCHKE