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Das Ende einer Provinzposse

Die Kunsthalle kann nun umbauen: Vor dem Oberlandesgericht einigten sich Kunstverein und „Kukuk“-Pächter gestern auf eine 725.000 Euro schwere Entschädigung

VON HENNING BLEYL

Der Pächter des „Kukuk“ räumt sein Restaurant zum 15. März. Das ist das Ergebnis eines gestern vor dem Oberlandesgericht geschlossenen Vergleichs. Dafür zieht der Kunstverein seine Klagen gegen Pächter Jean Moschouris im Eilantrags- und Hauptsacheverfahren zurück und zahlt ihm einen Verlustausgleich von 725.000 Euro.

Damit ist der Weg frei für den seit Jahren geplanten Umbau der Kunsthalle, der den Abriss des Altanbaus samt Café voraussetzt. Nach einer mühsamen Finanzaquise, als deren Ergebnis Kunstverein, Stadt und Kulturstaatsminister jeweils ein Drittel der 30 Millionen Euro teuren Investition tragen, hätte der Umbau eigentlich am 1. Januar beginnen sollen. Dass die Kunsthalle – neben dem Geld – auch ein Vierteljahr Zeit verloren hat, bestreitet man dort allerdings: Man hätte das Haus ohnehin erst leer räumen und andere Vorbereitungen für die mit zwei Jahren anvisierte Bauzeit treffen müssen, so eine Sprecherin.

Nichtsdestoweniger muss offenbar von einem nicht allzu durchdachten Geschäftsgebaren der Kunsthalle gesprochen werden. Schon das Bremer Landgericht, das im Januar einem Eilantrag der Kunsthalle gegen Moschouris nicht stattgegeben hatte, bezeichnete das Räumungsbegehren als „unbegründet“: Man könne schlecht den Aus- oder Umzug des Pächters verlangen, wenn man noch nicht einmal dessen Vertrag gekündigt habe. Erst Ende 2007 hatte der Kunstverein zudem einer zehnjährigen Verlängerung des Pachtvertrages zugestimmt.

Der Kunstverein macht seinerseits geltend, dass er immer von der Übernahme des künftigen Café-Bereichs durch den bisherigen Pächter ausgegangen sei. Auch gestern stritten sich die Parteien bis zuletzt darum, ob es sich dabei um eine vorsätzliche Täuschung seitens des Pächters handelte, oder ob sich dieser tatsächlich erst vergangenen September einen Eindruck von den vorgesehenen Café-Räumen verschaffen konnte – die er daraufhin für ungeeignet befand.

Die bisherige Patt-Situation nahm am Freitag eine entscheidende Wende: Der Verein ließ dem Gericht drei eidesstattliche Versicherungen zukommen, in denen ehemalige Kukuk-MitarbeiterInnen – unter ihnen der Koch sowie die ehemalige Teilhaberin und Lebensgefährtin Moschouris’ – die vom Pächter vorgelegten Verdienstausfall-Berechnungen zum Einsturz brachten. Demnach rechtfertigte die faktische Ertragslage in den vergangenen Betriebsjahren keineswegs die von Moschouris verlangten Beträge. Ursprünglich kalkulierte er für Verdienstausfall, Neueinrichtung eines Lokals und weitere Risiken eine Abfindung von 1,3 Millionen Euro. Zuletzt hatte er seine Forderungen auf 955.000 reduziert.

Der Kunstverein bezweifelte keineswegs die Berechtigung von Entschädigungen, hielt dabei aber höchstens die Hälfte für angemessen. Es ist dem Verhandlungsgeschick von OLG-Präsident Wolfgang Arenhövel, bis vor kurzem Vorsitzender des Deutschen Richterbundes, zuzuschreiben, dass sich die Parteien letztlich bei 725.000 Euro trafen. Dem Pächter gab er eindringlich zu bedenken, dass ein Hauptsacheverfahren zum Ergebnis haben könne, dass Moschouris wegen Vorspiegelung einer überhöhten Ertragslage mit Schadensersatzforderungen wegen Bauverzögerung konfrontiert werden könnte.

Doch auch der Kunstverein müsse finanzielles Entgegenkommen zeigen: Ansonsten drohe ein erheblicher Zeit- und Ansehensverlust. Eine Hauptsache-Entscheidung sei frühestens in anderthalb Jahren zu erwarten, per Revision könnte sie bis zum Bundesgerichtshof gehen. Von der bundesweiten Erörterung dieser Provinzposse hat sich der Kunstverein nun frei gekauft.

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