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Archiv-Artikel

Klagen gegen Raubkopierer

US-Musikindustrie lockt gleichzeitig mit einer Amnestie. Verfahren auch hier möglich

BERLIN taz ■ Die neuesten Musikhits aus dem Internet herunterladen, auf CD brennen und saftige Strafen zahlen – damit müssen jetzt private und professionelle Raubkopierer in den USA und hierzulande rechnen. Der US-Verband der Musikindustrie (RIAA) hat am Montag Klage gegen 261 Internetnutzer wegen illegaler Musiktauschbörsen eingereicht. Zugleich gab der Verband eine Amnestie für alle bekannt, die sich schriftlich verpflichten, künftig keine Musik mehr aus freien Internetbörsen herunterzuladen. RIAA macht das illegale Laden von Titeln für den dramatischen Rückgang der Umsätze und CD-Verkäufe der Musikkonzerne verantwortlich.

„Wenn ein Produkt regelmäßig gestohlen wird, kommt der Zeitpunkt, an dem man angemessene Schritte einleiten muss“, begründete RIAA-Präsident Cary Sherman die Klagewelle. Wer in den USA Musiktitel illegal aus dem Netz bezieht, muss mit hohen Strafen rechnen: Schadensersatzzahlungen zwischen 750 und 150.000 Dollar pro illegal getauschten Hit erlaubt das US-Urheberrecht. Auch deutsche Nutzer von Tauschbörsen müssen sich künftig auf Klagen einstellen – wenn auch nicht in dieser Höhe. In Deutschland tritt in diesen Tagen das neue Urheberrechtsgesetz in Kraft. Es verbietet die Umgehung des Kopierschutzes von CDs und DVDs.

Einen Ausweg aus der Misere erhoffen sich Branchenriesen wie BMG, Universal Music und EMI von legalen Musikanbietern im Netz. Denn dieser Markt legt zu: Der US-Computerkonzern Apple hat kürzlich positive Verkaufszahlen seiner Online-Plattform „iTunes Music Store“ vorgelegt. In nur vier Monaten nach dem Start verkaufte Apple mehr als zehn Millionen Songs für 99 US-Cent über das Internet. „Der Online-Vertrieb wird stark zunehmen“, sagte Philips-Sprecher Klaus Petri der taz. Doch die Angebote müssten kundenfreundlicher werden. „Wichtig sind Vertragsfreiheit, klare Preise und eine Garantie, dass die Songs Originale sind“, sagte Petri. In Deutschland startete T-Online kürzlich die Plattform www.musicload.de. Im Herbst soll der Anbieter der Phonoindustrie „Phonoline“ online gehen. Auf die Welle der Raubkopien reagiert der Plattengigant Universal Music mit einer Preissenkung auf seine CDs auf dem US-Markt. „Im vierten Quartal werden die empfohlenen Verkaufspreise um ein Viertel bis ein Drittel gesenkt“, teilte Universal kürzlich mit. Auf dem nicht weniger raubkopiegeplagten deutschen Musikmarkt bleiben die Preise allerdings unberührt. Universal Music Deutschland und der Deutsche Phonoverband lehnen Preissenkungen ab. Begründung: „Vom Verkauf einer 15 Euro teuren CD gehen maximal 4 Euro an die Tonträgerhersteller“, sagte Hartmut Spiesecke, Sprecher des Phonoverbandes. Viel Spielraum für Preissenkungen sei deshalb nicht drin.

Laut Internationalem Phonoverband (IFPI) gingen der Musikbranche wegen der Raubkopien 2002 rund 4,3 Milliarden Dollar verloren. Dagegen habe die Zahl der Fälschungen 2002 die Marke von einer Milliarde CDs überschritten. ADALBERT SINIAWSKI