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Archiv-Artikel

Keine Fischfresser-Fische bitte

Die Fischzucht ist eine Alternative. Aber unproblematisch ist sie nicht

Von HOL

BERLIN taz ■ Wenn es nicht mehr genug Fische im Meer gibt – dann züchten wir doch einfach welche. Diesen Ansatz verfolgt die Welternährungsorganisation FAO in ihrem Weltfischereireport und schlägt den Ausbau von Aquakulturen vor, um den Bestand an wilden Fischen zu entlasten. Eine gute Idee, meint der Fischereiexperte von Greenpeace, Thilo Maack. Es komme aber sehr darauf an, wie genau die Fischzucht gestaltet werde.

„Die meisten Aquakulturen heute sind keine Lösung für das Problem der Überfischung, sondern seine Ursache.“ Sinnvoll sei nur die Zucht von pflanzenfressenden Fischen, sagt Maack, etwa von Karpfen oder Pangasius. Die könnten Verbraucher guten Gewissens kaufen, wenn sie aus ökologischer Haltung stammten. „Fische aus konventionellen Kulturen verseuchen mit ihren Fäkalien die Gewässer“, sagt Maack, „zudem müssen sie intensiv mit Antibiotika behandelt werden.“ Und die landen ebenfalls wieder im Wasser. Dabei sei es egal, ob die Anlagen sich in Küstennähe oder mitten im Meer befänden: „Dort wird das Problem nur verdünnt, es verschwindet nicht“, so Maack.

Abgesehen davon sind Karpfen & Co auch nicht die Fischarten, mit denen sich am meisten Geld verdienen lässt, sagt Klaus Wysujack vom Institut für Fischereiökologie in Ahrensburg. „Gute Preise bringen viele Fische, die hauptsächlich mit Fischmehl ernährt werden“, so Wysujack, wie Lachse oder Doraden. Das führe dann dazu, dass etwa in Lateinamerika große Fangflotten loszögen, um Fischfutter für Lachse zu fangen, und angestammten, nachhaltig arbeitenden Küstenfischern die Lebensgrundlage entzögen.

Zwar tummeln sich nur in 7,3 Prozent aller Aquakulturen weltweit Fische, die tierisches Eiweiß benötigen. Doch sie verschlingen über die Hälfte der Fischmehlproduktion – und über 80 Prozent des weltweit erzeugten Fischöls. Zwar wird daran geforscht, ob Fischmehl und -öl künftig etwa durch eiweißreiche Hülsenfrüchte oder Raps ersetzt werden können. „Doch das steht noch am Anfang“, sagt der Fischereiökologe Wysujack, „und es ist unklar, ob sie kostendeckend genutzt werden können.“

Hohe Produktionskosten sind auch ein Grund dafür, dass es in Deutschland in Binnengewässern kaum Aquakulturen gibt, obwohl die Branche weltweit – vor allem in China – rasant wächst. „In der Ostsee werden aus ökologischen Gründen gar keine Anlagen mehr genehmigt“, sagt Wysujack. Die Nordsee eigne sich auf deutschem Gebiet auch nicht – die geologischen Bedingungen sind ungünstig und das Meer wird zu stark genutzt.

Auf dem Speiseplan der Deutschen taucht Fisch immer häufiger auf. Während der Fleischkonsum stetig abnimmt und inzwischen bei 86 Kilogramm pro Kopf liegt, ist der Verzehr von Fisch auf 16 Kilo gestiegen. HOL