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Archiv-Artikel

Telekom erweitert Adressauskunft

Suche jetzt auch rückwärts: Wer eine Nummer hat, erhält zugehörigen Namen und Adresse. Konkurrenz will Kunden nur auf Verlangen freischalten. Jeder kann seine Nummer sperren lassen – was jedoch umgangen werden kann

BERLIN taz ■ Die Telefonauskunft ist künftig noch komfortabler, für die vergessliche Privatperson genauso wie für allzu neugierige Zeitgenossen. Zu einer herrenlosen Rufnummer kann der interessierte Telefonanwender künftig Namen und Adresse erfahren, die so genannte inverse Rufnummernsuche oder Rückwärtssuche macht es möglich. Technisch gesehen eigentlich nur eine Sache von Sekunden, war derlei Detektivarbeit bislang untersagt. Seit einer Änderung des Telekommunikationsgesetzes Ende Juni ist das Auskunftsverfahren nun erlaubt. Datenschützer und Verbraucherverbände warnen vor Missbrauch und einem weiteren Schritt zum gläsernen Bürger.

Die Deutsche Telekom als größter Festnetzanbieter mit 90 Prozent aller Kunden wird die Rückwärtssuche ab Ende September trotzdem anbieten. Darauf wurden in den letzten Wochen alle Kunden hingewiesen, wie T-Com-Sprecher Frank Domagala erklärte. Jeder Datensatz erhalte eine spezielle Kennung, in der der Freigabestatus markiert sei. Allerdings kann man die Rückwärtssuche für seine Nummer jederzeit sperren lassen, dazu reicht bei der Telekom ein Anruf unter 0 13 75/10 33 10 oder ein Fax an 08 00/3 30 55 44.

Wer Kunde bei einem privaten Netzbetreiber ist, muss dort Widerspruch einlegen. Allerdings ist das in der Regel schon erfolgt, wie Etta Schulze vom Betreiber „hansenet“ erklärt: „Noch sind gar keine Freigaben an die Telekom gegangen.“ Die Nummern würden auch nur freigeschaltet, wenn es der Kunde ausdrücklich wünsche. Grund sei das Missverhältnis zwischen dem tatsächlichen Kundennutzen und dem Datenschutz. „Wir sehen das eher kritisch, denn die Abfragemöglichkeiten bergen auch Gefahren“, so Schulze.

Die meisten anderen großen privaten Telefonanbieter gehen mit der neuen Rechtslage ähnlich um. Auf Nachfrage erklärten etwa Netcologne, „M-Net“ in München und der Mobilfunkanbieter „O2“, dass man noch keine Daten freischalte.

Währenddessen hat der Software-Markt die Tragweite der Gesetzesänderung bereits erkannt. „Rufnummern-Geheimnis war gestern“ wirbt etwa ein Newsletter des Programms „InVerZ“. „Jetzt endlich die totale Auskunft ohne Beschränkung.“ Diese könne äußerst aufschlussreich sein, so der Hinweis der Werbemail: Bei der Kontrolle des Verbindungsnachweises, dem Herausfinden von Kleinanzeigenanbietern oder unbekannten Anrufen.

Wer wirklich sichergehen will, dass man ihn nicht per Nummer herausfindet, sollte seinen Eintrag allerdings komplett aus dem Telefonbuch löschen lassen. Denn schon bisher zeigten einfache Programme, wie das auch auf dem deutschen Markt erhältliche „Phone Ident“, was sich mit Datenbanken alles anstellen lässt – Gesetzgebung hin oder her. So macht sich „Phone Ident“ die millionenfach verteilten Telekom-CD-ROMs zunutze, hackt die enthaltene deutschlandweite Datenbank und ließ damit schon in den letzten Jahren eine umgekehrte Suche zu. „Rein technisch ist das jetzt schon möglich“, gesteht T-Com-Sprecher Domagala ein, dessen Unternehmen per staatlicher Verfügung alle deutschen Auskunftsdaten verwaltet und gegen Gebühr an im Moment 15 Auskunftsdienste weitergibt.

Michael Bobrowski vom Bundesverband der Verbraucherzentralen gibt zu, dass dieser Sachverhalt bisher wenig beachtet worden ist. „Jeder Kunde sollte überlegen, ob ein Widerspruch für ihn sinnvoll ist, aber auch beachten, dass er nicht immer effektiv ist“, so der Verbraucherschützer.

Auch das „Unabhängige Landeszentrum für Datenschutz“ in Schleswig-Holstein erklärt, dass widersprechen solle, wer seine „Privatsphäre schützen“ will. Übrigens könne jeder, der bei seiner Behörde „nicht auffällig“ geworden ist, eine Dienstleisterlizenz seiner Behörde bekommen, so Manfred Küster von der staatlichen Regulierungsbehörde. Und damit auch tagesaktuellen Zugang zur Telekom-Datenbank. Kein Problem für Küster: „Datenschutz ist nicht unsere Aufgabe.“

Claudia Strixner vom Auskunftsdienstleister „Telegate“ weiß von schwarzen Schafen in der Branche. Aber die habe es auch schon vorher gegeben. Im Übrigen sei die Tragweite der inversen Rufnummernsuche im Vergleich zum sonstigen Treiben hierzulande unbedeutend: „Die Verbraucher gehen doch heutzutage überall wahnsinnig freigebig mit ihren Daten um. Denken sie an Payback-Systeme, Internet-Cookies und Kreditkarten.“

MAX HÄGLER