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Archiv-Artikel

Suizid-Fälle verteidigt

Selbstmordrate im Düsseldorfer Knast „Ulmer Höh“ nicht über Durchschnitt, beteuert die Gefängnis-Leiterin

DÜSSELDORF taz ■ Der Knast ist angeblich nicht Schuld am Suizid. „Wer sich umbringen will tut es, egal wie dicht er betreut wird“, sagt Erwin Trenz, seit mehr als drei Jahrzehnten Seelsorger in der Düsseldorfer Justizvollzugsanstalt (JVA) „Ulmer Höh“. Die Selbstmordrate in dem Gefängnis am Rhein sei nicht überdurchschnittlich hoch. Zudem würden als gefährdet eingestufte Häftlinge besonders betreut. Elke Krüger, Leiterin der JVA Düsseldorf bestätigt das: „Mit neu eingetroffenen Häftlingen werden psychologische Begutachtungen und ausführliche Gespräche durchgeführt.“

Der Düsseldorfer Knast war am Montag erneut in die Schlagzeilen geraten, nachdem sich dort ein 48-jähriger Untersuchungshäftling das Leben genommen hatte. Es war der zweite Selbstmord innerhalb von zwei Monaten. Weder dem Untersuchungsrichter, dem der Mann vorgeführt worden war, noch dem zuständigen Gefängnispsychologen sei der Mann auffällig erschienen, sagt Krüger. Sein Abschiedsbrief, in dem der wegen Hehlerei Angeklagte seinen Entschluss, aus dem Leben zu scheiden, begründete, sei klar strukturiert gewesen. „Nichts deutet in dem Schreiben auf eine durch die Haft eingetretene besondere Stresssituation hin“, sagt Krüger und weist Vorwürfe von sich, dass es in den beiden vergangenen Jahren speziell in dem Düsseldorfer Knast zur Häufung von Suiziden gekommen sei. Zu viele psychologische Faktoren würden bei Selbstmorden hinter Gittern eine Rolle spielen. Ein „nur weil man im Gefängnis sitzt“ vereinfache die Sache zu sehr.

„Grundsätzlich wünsche ich mir ein engmaschigeres Netz in der psychologischen Betreuung“, sagt Krüger. Es sei jedoch unmöglich, Selbstmorde im Knast völlig zu verhindern. Das sei nicht anders als „draußen“, da würden sich Menschen auch nach jahrelanger psychologischer Behandlung unvermutet das Leben nehmen.

In Düsseldorf arbeiten vier Psychologen und über 70 Ehrenamtliche Helfer mit den Häftlingen zusammen. Zahlen über Suizide in Nordrhein-Westfalens Knästen für das erste Halbjahr 2004 liegen noch nicht vor. 2003 haben sich in den 37 NRW-Vollzugsanstalten 20 Menschen das Leben genommen. Die Zahlen erfassen sowohl die Selbstmorde in geschlossenen als auch im offenen Vollzug. ALEXANDER BÖER