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Unkastriert macht 60 Euro extra

Jahrzehntelang konnten Haustiere kostenlos im Berliner Tierheim abgegeben werden. Jetzt kostet das Gebühren. Grund: Die Spenden fließen immer spärlicher

Das Tierheim Berlin hat die Notbremse gezogen: Für die Abgabe von Tieren werden jetzt bis zu 150 Euro Gebühr fällig. Das sagte Tierheim-Chefin Carola Ruff gestern. Nach Angaben von Ruffs Sprecherin Claudia Pfister gilt die Neuregelung bereits seit dem 1. Juni, sie sei aber „nicht extra öffentlich gemacht worden“. Dabei handelt es sich um eine kleine Revolution: Jahrzehntelang konnten Tiere kostenlos abgegeben werden, um wildes Aussetzen zu verhindern. „Aber jetzt geht es nicht mehr. Immer mehr Menschen geht es schlecht, und wir bekommen immer weniger Spenden“, begründet Ruff die Maßnahme.

Gleichzeitig, so die Tierheim-Chefin, seien die Kosten „weggaloppiert“. Der Tierschutzverein, der aus öffentlichen Mitteln keinen Euro erhält, müsse jedes Jahr einen zweistelligen Millionenbetrag für die Betreuung von mehr als 20.000 Tieren aufbringen. Gleichzeitig gehen laut Ruff „jeden Tag“ Briefe ein, in denen Tierfreunde erklärten, sie könnten ihre Lieblinge nicht mehr finanzieren. „Hartz IV und die allgemeine Finanzlage der Menschen in der Region spüren wir schon drastisch“, sagt Ruff.

Wer jetzt ein Tier am Hausvaterweg in Hohenschönhausen abgibt, zahlt: Für Kleintiere wie Vögel, Mäuse oder Kaninchen sind es zwischen 5 und 17,50 Euro. Ein Hund „kostet“ grundsätzlich 60 Euro. Ist das Tier nicht kastriert, kommen 60 Euro dazu, für einen ungeimpften Hund noch einmal 30 Euro. Bei Katzen sind es 20 Euro, nicht kastrierte Katzen werden mit 30 Euro zusätzlich und ungeimpfte Katzen mit weiteren 15 Euro berechnet.

Tierheim-Sprecherin Pfister verteidigt die Änderung: „Wir lassen uns nicht mehr moralisch erpressen. Die unanständigen Tierhalter setzen ihr Tier sowieso aus. Und die anständigen Tierhalter sind auch bereit, zu zahlen, wenn ihnen nichts anderes übrig bleibt, als ihr Tier bei uns abzugeben.“ In den Sommerferien des Vorjahres, als es noch nichts kostete, wurden 1.600 Tiere abgegeben. Dieses Jahr, mit Gebühren, waren es nur 1.300 Tiere.

„Die Tiere kommen leider in immer schlechterem Zustand zu uns und müssen länger als früher üblich bleiben“, sagt Carola Ruff. Auch diese Entwicklung habe die Kosten „explodieren lassen“. Die meisten anderen Tierheime in Deutschland nähmen aus diesen Gründen ebenfalls Gebühren. DPA

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