: Nicht aufs offene Meer schicken
Ohne hauptamtliches Personal sind die Geschichtswerkstätten so gut wie tot: Kulturausschuss beschert Horáková massive Vorwürfe zu ihrer Sparentscheidung
Gegen einen Vorwurf verwahrte sie sich nicht, und das war das Auffälligste an den Repliken von Kultursenatorin Dana Horáková im Kulturausschuss am Donnerstagabend: „Die Mittelkürzung der Geschichtswerkstätten ist eine politische Entscheidung“, konstatierte der SPD-Abgeordnete Wilfried Buss. „Eine genauso politische wie die Streichung des Etats des Frauenmusikzentrums im vorigen Jahr.“
Ursprünglich sollten die Stadtteilarchive ganz auf Null gesetzt werden (taz berichtete); nach massiven öffentlichen Protesten sagte die Kulturbehörde immerhin 133.000 Euro zu. Die reichen für Miete und Betriebskosten. Personalmittel entfallen ganz. Die eingesparten 500.000 Euro werden auf Thalia Theater und KZ-Gedenkstätte Neuengamme verteilt.
Wie sie sich die künftige Arbeit der 14 Geschichtswerkstätten – die Pflege von Denkmälern und die Gewährleistung der Archiv-Öffnungszeiten – ohne hauptamtliche Mitarbeiter vorstelle, konnte Horáková jedoch nicht beantworten. „Die Mitarbeiter der Stadtteilkulturzentren könnten als Berater einspringen“, so der lapidare Vorschlag von Karl-Heinz Ehlers (CDU). Doch auch dort fehlt Personal.
Und die im Lehrplan der neunten Klassen vorgesehene Besichtigung der Stadtteilarchive? „Das können die Lehrer übernehmen“, wusste Horáková. Beziehungsweise noch mehr Ehrenamtliche – der Senatorin Patentrezept. Doch wer sie anleiten und wer die jahrzehntelang gewachsene Fachkompetenz ersetzen soll – Horáková antwortete nicht auf solche Fragen. „Dies bedeutet keine mangelnde Wertschätzung der Arbeit der Stadtteilarchive“, betonte sie immer wieder hilflos – eine angesichts etlicher in der Sitzung anwesender Ehrenamtlicher geradezu zynische Floskel. Auch warum sie erst nach ihrer Sparentscheidung „intensive Gespräche“ begonnen habe, wusste sie nicht zu sagen. „Wir loten aus, wie Synergie-Effekte zu erzielen sind“, beteuerte sie bloß. „Möglich wäre die gemeinsame Nutzung technischer Geräte, gemeinsame Spendenaktionen und Öffentlichkeitsarbeit.“
Wer dies alles organisieren soll, sind die – insgesamt – zwölf hauptamtlichen Mitarbeiter erst entlassen, bleibt offen. „Wir tragen für die Stadtteilarchive, die Teil des historischen Gedächtnisses der Stadt sind, besondere Verantwortung“, betonte dagegen Holger Christier (SPD). Und Willfried Maier (GAL): „Wir sollten diese Institutionen nicht einfach aufs offene Meer schicken.“
Doch wie aus der Misere finden? „Ich plädiere für eine breit gestreute, über viele Institutionen verteilte Sparaktion nach dem Rasenmäher-Prinzip“, so Maier. Leichte Verhandlungen verspreche ein solcher Ansatz zwar nicht. „Aber es muss alles getan werden, um die Arbeit der Geschichtswerkstätten weiter zu gewährleisten.“ PETRA SCHELLEN