Alle warten auf Schröder

Heute tritt der Kanzler vor die Presse. Dass er weitere Korrekturen an Hartz IV bekannt gibt, wird nicht erwartet. „Aber was er sagt, entscheidet er“, so SPD-Fraktionsvize Müller

BERLIN taz ■ Die montäglichen Demonstrationen stören die sommerliche Ruhe im Berliner Regierungsviertel ganz erheblich. Auch gestern sahen sich vor allem rot-grüne Politiker gezwungen, über die Ursachen der ansteigenden Protestwelle nachzudenken. Die einen, wie Brandenburgs wahlkämpfender Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD), verweisen auf ein „Grundgefühl der Zweitklassigkeit“ im Osten der Republik, das vom Spiegel geschürt werde. Andere, wie SPD-Fraktionsvize Ludwig Stiegler, machen die eigenen Regierungssprecher für den Unmut verantwortlich, weil sie die Bevölkerung unzureichend über die Reformen aufgeklärt hätten. Die laufende Anzeigenkampagne der Regierung für Hartz IV bezeichnete er als „letzte Chance“ für die Informationsabteilung. Heute nun greift der Chef persönlich in die Debatte ein.

Gerhard Schröder hat für zwölf Uhr Großes angekündigt. „Bilanz und Ausblick“ ist das Thema, wenn er zur ersten Pressekonferenz nach seinem Urlaub vor die Journalisten tritt. Das weckt Erwartungen. Und Hoffnungen. Große Hoffnungen. Er wünsche sich, dass der Kanzler erklären möge, wie er sich die Politik seiner Regierung in der zweiten Hälfte der Legislaturperiode vorstellt, sagte SPD-Fraktionsvize Michael Müller – anspruchsvoll – der taz. „Aber was er sagt, muss er natürlich selbst entscheiden“, fügte Müller schnell hinzu. Weitere Nachbesserungen bei Hartz IV? Nein, nicht nötig. Auch eine Rücknahme der Spitzensteuersatzsenkung ist für Müller kein Thema, weil die CDU im Bundesrat da ohnehin kaum mitmache. Der Sprecher der SPD-Linken im Bundestag hat sich offenkundig vorgenommen, dem Kanzler fürs Erste nicht mit konkreten Wünschen auf den Geist zu gehen – so wie das andere tun. Der Wortführer der linken Grünen, Christian Ströbele, etwa, der am Montag selbst mit auf die Straße ging, sagt: „Soll man das Richtige nicht fordern, nur weil es schwierig ist?“ Noch, so Ströbele, seien die meisten Demonstranten „nicht der Meinung, Rot-Grün muss weg“. Das könne sich aber ändern, wenn die Belastungen weiter ungleich ausfielen. Er wünscht sich von Schröder deshalb Mut zu Korrekturen.

LUKAS WALLRAFF