: Todeskreuzung unverändert
Fünf Monate ist es her, dass ein Lastwagen einen sechsjährigen Jungen in Findorff überrollte. An der Unglücksampel hat sich immer noch nichts getan. Eltern und Beirat verlangen Entschärfungen der Unfall-Kreuzung. Behörden fürchten das Exempel
Bremen taz ■ Die Fußgängerampel zeigte grün, doch der nach rechts abbiegende Lkw sah den Jungen nicht. Fünf Monate nach dem tödlichen Unfall an der Kreuzung Hemmstraße/Utbremer Ring ist die Kreuzung unverändert. Nahezu alle Vorschläge aus dem Stadtteil, den Gefahrenpunkt zu entschärfen, lehnte das Bauressort ab. Begründung: Der Unfall sei ein „Fahrfehler“ gewesen – da hälfen auch Umbauten nichts. Polizei-Sprecher Dirk Siemering: „Der Lkw-Fahrer hätten den Jungen sehen müssen.“
Die Eltern, deren Kinder die Kreuzung täglich auf ihrem Schulweg passieren, beruhigt das nicht. Nach wie vor, berichtet eine Mutter, bögen dort Autofahrer ab, ohne auf kreuzende Fußgänger zu achten. Mehrfach habe das bereits zu Beinahe-Unfällen geführt, in einem Fall sei ein Junge sogar angefahren worden. Verschärft werde die Situation durch die Bus-Haltebuchten auf der Hemmstraße, die direkt an der Kreuzung beginnen. Rechtsabbiegern stehe damit eine „Hochgeschwindigkeitskurve“ zur Verfügung, kritisieren die Eltern. „Die ganze Kreuzung muss entschärft werden“, fordern sie.
Die Behörden sehen das anders. Weder die Geometrie der Kreuzung noch die Ampelschaltung hätten Einfluss auf den tödlichen Unfall gehabt, stellte die städtische Unfallkommission fest. Anfahrende Autos könnten Fußgänger dort gut sehen. Auch der überfahrene Junge habe nicht im toten Winkel gestanden. „Diese Kreuzung ist verkehrssicher“, betont Polizei-Sprecher Siemering.
„Ist sie nicht“, hält Karin Zülzke dagegen. Der Drückknopf für Fahrradfahrer etwa befinde sich direkt neben der Haltelinie – unsichtbar für Laster. Wie rund 2.000 FindorfferInnen hat Zülzke im Frühjahr eine Überprüfung aller Ampelschaltungen im Stadtteil, ein Zurückversetzen der Haltelinie sowie ein Verschwenken der Radwege gefordert. Zülzke schlägt etwa eine Grünphase nur für Fußgänger vor, wie es sie in anderen Städten bereits gibt. Hilfreich wäre auch, die Busbuchten zu verlegen.
Einzig in einem Punkt gab das Amt für Straßen und Verkehr Anfang September nach: Fußgänger sollen künftig fünf statt zwei Sekunden vor den Autos grünes Licht bekommen – Zeit, um aus dem toten Winkel heraus auf die Fahrbahn zu laufen. Umgesetzt hat das Amt sein Versprechen bisher allerdings nicht: Die Ampel schalte immer noch nach altem Muster, moniert Beiratsmitglied August Kötter (CDU).
Die Bremer Unfallkommission hatte schon vor langem und unabhängig von dem tödlichen Unfall in Findorff eine verlängerte Vor-Lauf-Zeit für Fußgänger an Ampeln grundsätzlich empfohlen. Im Amt für Straßen und Verkehr steht man diesem Vorschlag wie dem des Rundum-Grüns für Fußgänger skeptisch gegenüber. Die „Leistungsfähigkeit“ des Straßennetzes für den Autoverkehr gehe damit „enorm runter“, heißt es. Und: „Wenn wir das jetzt an einer Kreuzung machen, dann gibt es tausend Leute, die das an ihrer Kreuzung auch wollen.“ Außerdem glaubt man im Amt nicht, dass die Kreuzung mit einem Rundum-Grün sicherer würde.
Aufgerüttelt nicht zuletzt durch einen Protestbrief mehrerer Mütter aus Findorff fassten die Stadtteil-Politiker Ende letzter Woche im Bauausschuss des Beirats noch einmal nach. Das Umstellen der Ampelphasen allein reiche nicht aus, insistieren sie. Zumindest die Haltelinie für die Autos müsse noch um einige Meter zurückverlegt werden – damit die Fahrer die wartenden Fußgänger besser im Blick hätten. Eine Garantie gegen Unfälle sei das nicht, gibt Ortsamtleiter Hans-Peter Mester zu. Aber: „Dann hat man zumindest alles getan, was man tun kann.“
Ob die Initiative des Beirats Erfolg hat, ist ungewiss. Das Bauressort hat sich zumindest ein Schlupfloch offen gehalten. Die Unfallkommission soll die Kreuzung nochmals untersuchen. Komme sie dann zu dem Ergebnis, dass Sicherheitsmaßnahmen nötig seien, sagt Bauressort-Sprecher Holger Bruns, „dann machen wir etwas.“
Armin Simon/Stephanie Silber