gottschalk sagt : Ja schade, Nena Kerner
CHRISTIAN GOTTSCHALK: die kolumne am donnerstag
Kaufhof feierte am Wochenende ganz groß sein Firmenjubiläum, 20.000 Mitarbeiter wurden teilweise sogar aus Belgien und den neuen Bundesländern ins Rhein-Energie-Stadion gekarrt, wo Nena und Chris de Burgh für sie sangen, Johannes B. Kerner und Barbara Schöneberger moderierten. Zuvor ließ es der Kaufhof auf den Jahnwiesen krachen, mit Fressbuden und Bodypainting, der Fortführung der Kinderschminkaktion mit anderen Mitteln. 125 Jahre Kaufhof, das stimmt natürlich nicht so ganz, 1933 wurde die Leonard Tietz AG enteignet, hieß fortan Kaufhof. Dies sei nur der Vollständigkeit halber erwähnt.
Nun könnte man sich vorstellen, wenn der Kaufhof feiert, erschallen nie gehörte Sprechchöre in Müngersdorf. Statt grober Fußball-Lyrik ruft die ganze Abteilung Herrenoberbekleidung im Chor: „Frau Herkenrath, haben wir das auch in uni“, und aus der Nordkurve (Mieder und Korsagen) schallt es zurück: „Das ist ein ganz dankbares Material“. Die Wirklichkeit ist aber eher furchtbar: „Der jeweils älteste und der jüngste Mitarbeiter einer jeden Filiale zog zu Beginn als Galeria-Botschafter mit Fahnen und Städtenamen in das Stadion ein – ein Symbol für Gemeinschaftsgefühl und Teamspirit bei Kaufhof,“ freut sich die Pressestelle über eine Inszenierung, die vermuten lässt, dass beim Kaufhof auch ältere Kollegen aus dem Osten was zu sagen haben.
Doch es wird noch schlimmer: „Mehr als 20.000 Menschen stimmten in die Kaufhof-Hymne ein, die sich das Unternehmen anlässlich dieses Tages selbst geschenkt hat.“ Kaufhof-Hymne? „Zwischen Jersey und Popeline, zwischen Schnellkochtopf und Nudelterrine, liegt mein geliebter Arbeitsplatz, oh‘ Kaufhof Du mein Leben, Dein Umsatz ist mein ganzes Streben...“ oder so. Der Originaltext steht leider nicht zur Verfügung. Dass die Verantwortlichen in der Wirtschaft einen Hang zur Esoterik haben, war mir bekannt, aber wenn sie sich in der Selbstdarstellung neuerdings an Nord-Korea orientieren, wird es gruselig.
Scheiß Kapitalismus. Und Nena mittenmang dabei. Alles habe ich ihr verziehen, manchen Patzer übersehen, selbst die Werbung für den „Weißen Riesen“ toleriert. Ich habe lange zu ihr gehalten, aber jetzt ist es aus mit uns. Wir haben uns, wie soll ich sagen, irgendwie auseinander entwickelt. Tut mir leid, Gabriele.