OFF-KINO : Filme aus dem Archiv – frisch gesichtet
Eigentlich hatte sich Max Ophüls für sein wohl berühmtestes Projekt gar nicht erwärmen können: Eine derart ereignisreiche Biografie wie die der schottischen Kurtisane und Tänzerin Lola Montez, deren berühmteste Eroberung der bayerische König Ludwig I. war, interessiere ihn kaum, gab der Regisseur zu Protokoll. Zudem bereite ihm das Breitwandformat Kopfzerbrechen, und auch in Farbe habe er noch nie gedreht. Aber dann fand Ophüls doch einen Zugang zu dem ungeliebten Stoff: Eine Episode im Leben der Montez, in der sie in einem amerikanischen Zirkus auftrat, gab ihm die Idee für die Rahmenhandlung des Films, in der ein sagenhaft vor sich hin fabulierender Stallmeister (Peter Ustinov) Lola in einem Zirkus in New Orleans präsentiert und Szenen ihres bewegten Lebens nachstellen lässt. Die Zirkusszenen besitzen eine ausgesprochen irreale Atmosphäre: Lola (Martine Carol) ist der starre Mittelpunkt der Vorstellung, ein Objekt, das von Hand zu Hand, von Mann zu Mann geht. Ein Reiter gibt sie im Galopp zum nächsten weiter, ein Trapezkünstler wirft sie dem nächsten in die Arme, so steigt sie immer höher in die Zirkuskuppel hinauf, bis sie den höchsten Punkt – sinnbildlich die Affäre mit König Ludwig – erreicht, dann erfolgt ihr Sprung ins Leere. Um Lola herum befindet sich alles in Bewegung: die Artisten, die auch als Chor des Stallmeisters dienen, wirbeln durcheinander, Leuchter und Dekorationen schweben auf und nieder, die Kamera kreiselt in delirierenden Fahrten. Nur Lola bleibt – im Gegensatz zu den Rückblenden, in denen sie ständig umherreist – unbewegt und maskenhaft: eine kranke, frühzeitig ausgebrannte Frau, die man am Ende in einem Käfig bestaunt wie einen Zirkuslöwen.
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Als „nahezu perfekt, lustig, aber bestimmt“ charakterisiert sich die zauberhafte Mary Poppins im gleichnamigen Disney-Musical des Regieveteranen Robert Stevenson selbst. Genau die Richtige also, um als Kindermädchen die Erziehung von Jane und Michael in die Hand zu nehmen, die im Jahr 1910 in London aufwachsen. Das Thema von „Mary Poppins“ ist denkbar einfach: Spiel, Fantasie und Musik. Gemeinsam mit Mary und ihrem Freund Bert springen die Kinder von einem fantasievollen Abenteuer zum nächsten: Sie landen in einer sonnigen Cartoonwelt, besuchen Onkel Albert, der ständig an der Decke schwebt, weil er nicht aufhören kann zu lachen, und erleben ein exzellent choreographiertes Ballett der Schornsteinfeger über den Dächern Londons. Die Tricktechnik des Films ist makellos, wichtiger für das Gelingen des Films erscheint allerdings der enorme Charme, den die Hauptdarsteller Dick Van Dyke und Julie Andrews versprühen: Hier fühlt sich einfach jeder „su-percalifragilisticexpialidocious“.
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Vor mittlerweile 40 Jahren hatte Sergio Leone eine gute Idee: Er ersetzte die Legende von aufopferungsvollen Western-Pionieren durch eine zynische Geschichte von raffgierigen Männern, die für „Eine Handvoll Dollar“ zu jeder Schurkerei bereit sind – und schon war der Italo-Western geboren … LARS PENNING