: Grüne wollen ehrliche Hartz-Jobs
Fraktionschefin Klotz will wie die PDS einen ehrlichen zweiten Arbeitsmarkt – etwa durch die 1-Euro-Jobs. Weil die auf das Arbeitslosengeld II nicht angerechnet werden, könnten Betroffene davon gut leben. PDS: Fördern kommt zu spät
Seit Wochen schlagen Berliner Grüne und PDS beim Thema Hartz IV aufeinander ein. Gestern zeigte sich, dass die beiden mit ihren Ideen zur Umsetzung gar nicht weit auseinander liegen. Teils bis in die Wortwahl: Einen „ehrlichen zweiten Arbeitsmarkt“ fordert die Grünen-Fraktion. Genau so hatte es schon Anfang Juli PDS-Sozialsenatorin Heidi Knake-Werner formuliert. Anders als die PDS sieht Fraktionschefin Sibyll Klotz die von Hartz Betroffenen aber nicht in der sozialen Katastrophe. Mit Miet- und Heizzuschuss und Mehrarbeit könne ein Empfänger des künftigen Arbeitslosengelds II (Alg II) auf 900 Euro netto kommen – „das ist so schlecht nicht“.
Klotz bleibt zwar bei ihrer früheren Kritik und erwartet Korrekturen bei der Anrechnung von Altersvorsorge und Partnereinkommen. Zugleich sieht sie aber in Hartz IV eine Chance für kommunale Beschäftigung. Zur Eingliederung der Arbeitslosen stehen für Berlin nach ihren Zahlen rund 900 Millionen Euro zur Verfügung, über 9 Prozent des Gesamtbudgets für ganz Deutschland. Die Wirtschaftsverwaltung des Senats bestätigte die Größenordnung dieser Zahlen. Ihr Sprecher Christoph Lang bezweifelt aber, dass es 2005 in Berlin dabei jene 60.000 Beschäftigungsverhältnisse geben wird, die es nach Quoten des Bunds geben müsste. Dessen Grundsatz lautet zwar „Fördern und fordern“. „Das Fordern wird zum 1. Januar kommen, das Fördern wird sich erst aufbauen“, sagte Lang.
Klotz fordert, alle Möglichkeiten zu nutzen, stellt sich dabei auch hinter die so genannte Mehraufwandsentschädigung (MAE) von Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) – auch „1-Euro-Jobs“ genannt. Die sollen die bisherigen Einsätze gemeinnütziger Art von Sozialhilfeempfängern fortsetzen, etwa beim Kampf gegen die Miniermotte. Bis zu 30 Stunden pro Woche sollen Alg-II-Empfänger für ein bis zwei Euro Stundenlohn arbeiten können. Anders als etwa bei Minijobs wird dieser Zuverdienst nicht auf das Arbeitslosengeld angerechnet.
Klotz sieht ein weites Einsatzfeld: Kochprojekte in Schulen, Radwegebau oder Kiezarbeit. Wer künftig das Arbeitslosengeld II bezieht, solle auch baufällige Kitas, Schulen und Spielplätze sanieren dürfen. Entscheidend sei, dass dabei nicht im Gegenzug privat tariflich bezahlte Arbeitsplätze verloren gehen. „Diese Gefahr besteht, das passiert heute schon“, sagte Klotz.
Die von Harald Wolf (PDS) geführte Wirtschaftsverwaltung begrüßte die grünen Ideen, gab sich aber zurückhaltend. Man rede gerade mit der Regionaldirektion der Bundesagentur für Arbeit, sagte Wolf-Sprecher Lang. Außerdem gebe es Gespräche mit der Wohnungswirtschaft, dem Gartenbau und Unternehmerverbänden. Noch unklar sei, ob Alg-II-Bezieher über die 1-Euro-Jobs auch für Privatbetriebe tätig werden können. Zur Befürchtung, Vollzeitjobs könnten dabei zerstört werden, sagte Lang: „Das ist ja genau der Punkt, warum wir mit den Wirtschaftsverbänden sprechen.“ Einige Verordnungen des Bundes würden weiter fehlen, „wir sind da sehr am Schwimmen“. Daher könne sich die Verwaltung auch nicht so konkret äußern wie die Grünen, sagte Lang: „In der Opposition lebt es sich unbeschwerter, als wenn man sich nachher an seinen Worten messen lassen muss.“ STEFAN ALBERTI