: Schmalspur-Gesetz
Hamburger Gleichstellungsgesetz sieht kein Klagerecht für Behindertenverbände gegen Barrieren vor. SPD: Menschen mit Behinderung haben in diesem Senat keine Lobby
Hamburg bleibt bei der Gleichstellung behinderter Menschen weit hinter den Vorgaben des Bundes zurück. Im neuen Landesgleichstellungsgesetz, dessen Entwurf die Sozialbehörde gestern dem Senat präsentierte, bekommen Behindertenverbände kein Klagerecht gegen Barrieren – wie es schon lange gefordert wird und auch im Bundesgleichstellungsgesetz im Mai 2002 eingeführt wurde. „Dadurch wollen wir die häufige Anrufung von Gerichten verhindern“, räumt Staatsrat Klaus Meister die Absicht des Senates ein, die gerichtliche Durchsetzung der Rechte Behinderter zu bremsen. Ihnen würde aber kein Nachteil entstehen, weil sie ein individuelles Klagerecht hätten. Das allerdings besteht nur bei konkreter Betroffenheit im Einzelfall.
Kernpunkt des neuen Gesetzes ist die Barrierefreiheit. Damit ist zum einen die bauliche Barrierefreiheit gemeint. Öffentliche Gebäude müssen so ausgestattet sein, dass beispielsweise auch RollstuhlfahrerInnen Zugang haben. Zum anderen sollen gehörlosen oder sehbehinderten Menschen Kommunikationshilfen zur Verfügung gestellt werden, damit sie ihre Behördenkontakte besser bewerkstelligen können. Gedacht ist an amtliche Formulare in Blindenschrift und das Hinzuziehen von Gebärdendolmetschern.
Die Pflicht zur Barrierefreiheit bindet allerdings nur den öffentlichen Bereich. An die Privatwirtschaft hat Staatsrat Meister lediglich appelliert, die Belange Behinderter ebenfalls zu berücksichtigen. Hier wolle man „Vorbild ohne Vorschrift“ sein, „unterstützen ohne Bevormunden“. Unternehmen sollten nicht „in kostenintensive Umbaumaßnahmen gedrängt werden“. Meister zeigte sich optimistisch, dass die Hamburger Wirtschaft dennoch Maßnahmen zur Besserstellung Behinderter treffen werde. Es sei falsch zu glauben, die Unternehmen würden „nur auf Gewinnmaximierung achten“.
Der oppositionellen SPD-Fraktion geht das gestern präsentierte Gesetz nicht weit genug. Der behindertenpolitische Sprecher Dirk Kienscherf hat vom Senat mehr Einsatz für behinderte Menschen gefordert. Bisher habe Sozialsenatorin Birgit Schnieber-Jastram (CDU) die Situation für behinderte Menschen in Hamburg nur verschlechtert. So sei beispielsweise Personal bei den Beratungsstellen in den Bezirken abgebaut und der Senatsbeauftragte für Behindertenfragen abgeschafft worden. „Menschen mit Behinderungen“, so Kienscherf, „haben in diesem Senat keine Lobby.“ELKE SPANNER