Die Arie als Piste

Cecilia Bartoli als Formel 1-Pilotin auf der Händelstrecke

Ferrari-Sopran. Wie sonst soll man das wahnwitzige Tempo würdigen, mit dem Cecilia Bartoli bei ihrem Musikfest-Konzert in der Glocke durch die Händelschen Arien raste? Keine Kurve war ihr zu steil, keine Strecke zu lang, um die Stimme bravourös durch das bewegte musikalische Gelände zu steuern.

Dabei war die Römerin von Musikfest-Intendant Thomas Albert als erkältet angekündigt worden. Aber Bartoli schien die Bitte um Verständnis nicht nötig zu haben. Es machte ihr sichtlich Spaß, nach jeder gelungenen Runde ins Publikum zu lachen – ‚diesen Salto mortale haben wir doch ganz gut hingekriegt?‘ Natürlich ist Bartolis Gesang mehr als Kolloratur-Bravour. Wenn sie die legendäre „Lascia“-Prim in den Raum setzt, seufzen 1.500 HörerInnen innerlich mit, ihre „Aria della Belleza“ hätte auch hartgesottene Boxenluder angerührt. Und das Orchester? Den „Musiciens du Louvre“ mit Marc Minkowski war es zwei Tage zuvor gelungen, Anne Sofie von Otter in den Schatten zu stellen. Aber wer sie in der Liebfrauenkirche erlebt hatte, musste jetzt enttäuscht sein. Gleich in der einleitenden „Rodrigo“-Ouvertüre suchten sie eine Spur zu forciert den heroischen Klang, auch später erreichten sie nicht das selbst vorgegebene Niveau: Wer genial auftritt, hat’s anschließend eben schwer. Um die Unbehaglichkeit des Weißlicht-gekühlten Glockesaales in Furor zu verwandeln, muss man schon über die Fahrkünste einer Bartoli verfügen. HB