: Viel Zähneklappern
Ulla Schmidt will einen prozentualen Beitrag für den Zahnersatz, und Merkel wird vom eigenen Lager bedrängt
BERLIN dpa/taz ■ Die im Gesundheitskompromiss von Rot-Grün und der Union beschlossene Zahnersatz-Regelung steht wieder auf der Kippe. Rund elf Monate nach Verabschiedung im Bundestag schlug Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) CDU-Chefin Angela Merkel vor, statt des Festbetrags nun doch einen einkommensabhängigen Beitrag zu erheben.
„Nach meinem Vorschlag wird eine Frau mit 500 Euro Rente einen Euro im Monat für den Zahnersatz zahlen. Nach dem Vorschlag der Union sechs bis sieben Euro“, erklärte Schmidt. Auch sie will den Zahnersatz den Arbeitnehmern allein aufbürden – aber eben nicht zum Pauschalpreis, sondern in Höhe von etwa 0,4 Prozent vom Einkommen. Die Arbeitgeber zahlen nichts mehr dazu. Einen vergleichbaren Abschied von der Parität soll es 2006 beim Krankengeld geben. Beide Maßnahmen sollen die Arbeitgeber von Lohnnebenkosten entlasten.
Ein CDU-Sprecher bestätigte gestern bloß den Eingang von Schmidts Brief. Man werde den Vorschlag prüfen, sagte er. Mit einer Entscheidung über das weitere Vorgehen sei bis Ende der Woche zu rechnen, hieß es in der CDU. Der CSU-Sozialexperte Horst Seehofer forderte die CDU schon jetzt zum Einlenken auf: „Wir dürfen kein neues Chaos wie bei der Praxisgebühr oder Hartz IV anrichten. Die Union darf nicht schuld sein, dass neue Bürokratien aufgebaut werden.“ Gleichzeitig verlangte Seehofer, die Kassen zu Beitragssenkungen um 0,4 Punkte zu verpflichten, sollte es beim vereinbarten System bleiben. „Sonst zahlen die Leute doppelt.“
Nicht nur die CSU, auch in der CDU gibt es schon Kritik an der Mini-Pauschale. Die niedersächsische Gesundheitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) forderte Merkel auf, die „Dinge zu lassen, wie sie sind“. Und auch der populärste wissenschaftliche Vertreter der von der Union favorisierten Kopfpauschale, Bert Rürup, zeigte Verständnis für Ulla Schmidts Vorschlag.
Die Krankenkassen drängen zur Eile, rechnen aber nicht mehr mit einer Neuregelung beim Zahnersatz bis Anfang 2005. In einem Brief an den Staatssekretär Klaus Theo Schröder warnen die Kassen, bei der Umsetzung zum 1. Januar 2005 drohe Chaos, wenn es nicht im August eine Entscheidung gebe.
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