: Mindestlohn: DGB nicht einig
Gewerkschaften sind uneins über Mindestlohn-Vorschlag von SPD-Chef Müntefering. Die Grünen könnten sich vielleicht damit anfreunden. Die CDU lehnt ihn strikt ab
BERLIN taz ■ Die Gewerkschaften sind sich nicht einig, ob sie einen Mindestlohn wollen. SPD-Chef Franz Müntefering hatte gestern im Deutschlandfunk gesagt, einen Mindestlohn „diskutieren wir mit den Gewerkschaften zusammen“. DGB-Sprecherin Marion Knappe bestätigte die Gespräche, sagte aber auch: „Zum Mindestlohn gibt es bei uns verschiedene Meinungen.“
So setzt sich die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) für einen Mindestlohn ein. „Wir sehen, dass immer mehr Arbeitgeber aus der Tarifbindung aussteigen“, sagte NGG-Chef Franz-Josef Möllenberg. Er forderte einen Mindestlohn von etwa 1.000 Euro netto. Dagegen sind die Industriegewerkschaften wie die IG Bergbau, Chemie, Energie gegen den Mindestlohn. Sie haben Angst um ihren Einfluss in den Tarifverhandlungen, ihre Klientel wird meist recht gut bezahlt. Ein Mindestlohn wäre allenfalls eine Verschlechterung.
Zudem wäre es den Gewerkschaften wichtiger, die Zumutbarkeitsregeln bei Hartz IV wieder zu ändern. „Das halten wir für den besseren Weg“, sagte DGB-Sprecherin Knappe. Einst wollte die SPD den ortsüblichen Tariflohn als normales Lohnniveau durchsetzen, dies kippte die Union jedoch in den Verhandlungen. Alle, die nicht unter tariflichen Bedingungen angestellt sind, können daher bis zu 33 Prozent unter Tarif bezahlt werden.
Spätestens die Montagsdemonstrationen haben der SPD klar gemacht, dass solche Härten abgemildert werden müssen. Sogar beim Koalitionspartner scheint sich etwas zu bewegen. Bisher war die Grünen-Fraktion strikt gegen Mindestlöhne. Grund: Zu hohe Mindestlöhne würden die Konjunktur hemmen, zu niedrige Lohndumping begünstigen. „Aber in der Fraktion bewegt sich etwas“, sagt der sozialpolitische Sprecher der Grünen, Markus Kurth. An der Parteibasis gebe es ohnehin eine Mehrheit für den Mindestlohn.
In der CDU dagegen hält man gar nichts von Münteferings Idee. „Das ist Sache der Tarifpartner“, sagt Fraktionsvize Wolfgang Bosbach. Ein mögliches Ändern der Zumutbarkeitsregeln lehnt Bosbach ebenfalls ab: „Das wurde so beschlossen, sollte unverändert beibehalten werden.“ DANIEL SCHULZ