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taz-serie (7): „Wie fahren wir 2010?“Schluss mit „ÖPNV“!

Der Nahverkehr braucht ein neues Design!

Allein der Name ÖPNV, ÖffentlicherPersonenNahverkehr, lehrt den Designer das Grauen. Käfer, Golf, Smart – Autobauer finden sympathische Namen für ihre Produkte, drehen subtile Werbespots.

Sie haben verstanden – die Hersteller und Betreiber des öffentlichen Verkehrs nicht. Im Gegenteil: Der unerotische Name ist Programm und die öffentliche Mobilität im Vergleich zur Auto-Mobilität trotz einiger viel versprechender Ideen in der jüngeren Vergangenheit eine Designwüste. Das gilt für das Produktdesign ebenso wie für das Marketing. Wer aber Marktanteile vom Auto erobern will, muss in Design investieren.

Der Vergleich der Investitionen in das Produktdesign der Automobilindustrie und das der Hersteller und Betreiber öffentlicher Verkehrssysteme offenbart ein frappierendes Missverhältnis zuungunsten des ÖPNV, vom Marketing ganz zu schweigen.

Zwar müssen es nicht gleich gigantische Kundenbindungsmaschinen wie die Autostadt von Volkswagen sein, deutlich sichtbare Bemühungen aber schon. Zumal das Design künftig eine noch viel größere Rolle spielen wird, um sich vom Wettbewerber abzusetzen. Da sind sich alle einig.

Für die emotional aufgeladenen Mobilitätsmärkte gilt das noch einmal mehr. Will der öffentliche Nahverkehr Marktanteile vom Auto erobern, muss er sich von den muffig-funktionalen Gestaltungsansätzen verabschieden – und zweierlei verbinden.

Erstens: Der Kunde wünscht sich mehr Flexibiltät und mehr Individualität. Außerdem muss die Devise des öffentlichen Verkehrs künftig „von Tür zu Tür“ heißen. Dafür werden Taxiunternehmer mit der Deutschen Bahn zusammenarbeiten, Omnibusunternehmer mit Mietradanbietern. Die Angebotspalette wird also immer verflochtener.

Zweitens: Die Kunden wollen ein möglichst einfach zu bedienendes System. Heute scheitern sie noch viel zu häufig an einer kruden Maschinenlogik, am Fahrkartenautomaten oder am Dilemma, mit Rollstuhl oder Kinderwagen die Straßenbahn nicht nutzen zu können. Das muss sich ändern, Designer müssen stattdessen eine plastische und routinemäßig zu bedienende „Nutzeroberfläche“ entwickeln.

Die mit den modernen Kundenbedürfnissen immer komplexer werdenden Systeme müssen dem Fahrgast als das genaue Gegenteil gegenübertreten. Die Designphilosophie muss lauten „Vereinfachen! Standardisieren! Systematisieren!“ Was beim Auto schon längst alltäglich ist, schafft dann auch der öffentliche Nahverkehr: „Nutzen ohne Nachzudenken“.

Die Zeit, die wir heute für Mobilität aufbringen, hat einen bedeutenden Anteil an unserer modernen Lebensform. Die Gestaltung dieser Mobilität nach menschlichen Maßstäben ist längst viel mehr als eine funktionale Bedingung prosperierender Wirtschaftssysteme und ökologischer Zukunftsfähigkeit – sie ist auch und vor allem ein unmittelbarer Beitrag zur Steigerung unserer alltäglichen Lebensqualität. STEPHAN RAMMLER

Der Autor ist Professor für Transportation Design und Mitglied der Projektgruppe Mobilität am Wissenschaftszentrum Berlin (WZB)Nächste Woche: Andreas Knie über die Regulierungswut bei Bus und Bahn

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