: Donnerstags dann differenziert
Alle sind gegen Sozialabbau. Es kommt aber darauf an, wie man protestiert: Im Angebot sind drei getrennte Montagsdemos und eine DGB-Kundgebung Mitte der Woche in Bremerhaven – mit und ohne geistlichen Beistand
Bremen/Bremerhaven taz ■ Gegen Hartz IV demonstrierten gestern auf dem Bremer Marktplatz mehrere linke Gruppen um die „Wahlalternative Arbeit und soziale Gerechtigkeit“ (WASG): Teilnehmerzahl rund 250 BürgerInnen. Anschließend gab ebendort die Bürgerinitiative „Aufrechter Gang“ (AGg) kund, mit Hartz IV nicht einverstanden zu sein. Nicht zu vergessen: Der von der Sozialistischen Wahlalternative (SW) veranstaltete Montagsprotest gegen Hartz IV, gestern Abend in Bremerhaven. Dort wird nun auch am Donnerstag demonstriert: Auf dem Fritz-Reuter-Platz tritt die Regionalgruppe des DGB für Nachbesserungen an der Agenda 2010 ein.
Der Grund für die abweichende Terminwahl? „Die allgemeine Kritik an Hartz IV können wir nicht teilen“, erläutert Gewerkschaftssekretär Reinhard Dietrich. „Wir wollen differenzierter vorgehen.“ Der Aufruf zu der Veranstaltung lässt das nicht erahnen: „Jetzt reicht es“, ist er überschrieben, und „Bremerhaven steht auf!!!“ Immerhin: Man werde „keine Mittwochsdemo dazwischenschieben“, erklärte der parteiunabhängige Bremerhavener Karl-Heinz Hoffmeyer, der auch eine Montagskundgebung in Fischtown geplant hatte. Man werde „schauen, wem man sich anschließen kann“.
In Bremen hatte vergangene Woche das Aufeinandertreffen linker Hartz-Gegner mit denrechtspopulistischen AGglern zu Rempeleien geführt. Auch gestern wurde aufgerufen, über die genehmigte Zeit hinaus „den Markt zu halten“. Es sei „ungeheuerlich, dass die Rechten hier auftreten“, hieß es. Gerügt wurde die Presse dafür, beide Kundgebungen als „gleichwertig darzustellen“ Als dann um 17.45 Uhr der Einsatzleiter der Polizei zum Demo-Mobil schritt, blieb von dem Kämpfer-Gestus wenig – Abmarsch „zur Abschlusskundgebung am Bahnhof“.
Obgleich die Demo-Anbieter sich wenig zu sagen haben, ähneln sich ihre Parolen. Nicht nur, weil auch der AGg-Vorsitzende Matthias Henkel, Ex-CDU-MdBB und Ex-Schillianer die Presse als feindselig empfindet. In Hartz IV sieht er „ein Gesetz gegen die Arbeitslosen und nicht gegen die Arbeitslosigkeit“. Dieselbe Formel benutzt Axel Troost, der bei der WASG den Ton angibt.
Große Bedeutung wird in dieser Gemengelage schwer einschätzbarer Gruppen der kirchlichen Haltung zukommen. So hatten zur links-orientierten Bremer Kundgebung zehn Pfarrer mit aufgerufen – unter ihnen der Friedensbeauftragte der Bremer evangelischen Kirche, Friedrich Scherrer. Die Frage, ob er sich auch eine Teilnahme an der AGg-Demo vorstellen könne, beantwortet der Stephani-Pastor energisch: „Nein, keinesfalls.“
bes/Foto: Stefan Bargstedt