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Archiv-Artikel

Der Druck auf Kritiker der Regierung wächst

Thailands Nationale Menschenrechtskommission kritisiert zunehmende Einschränkung von Bürgerrechten

BANGKOK taz ■ Thailands Nationale Menschenrechtskommission zog kürzlich eine ernüchternde Bilanz: Das Land drohe zu einem autoritären Staat zu werden. Die Regierung erlaube den Einsatz übermäßiger Polizeigewalt und beschneide bürgerliche Freiheiten. In ihrem ersten umfassenden Bericht nahm die 2001 eingerichtete Kommission vor allem den von Premier Thaksin Shinawatra initiierten „Drogenkrieg“ ins Visier. Während dieser berüchtigten Kampagne waren 2003 mehr als 2.300 Menschen ums Leben gekommen. Beobachter hatten kritisiert, dass es sich hauptsächlich um extralegale Hinrichtungen durch die Polizei gehandelt habe, die Bangkoks Politiker gebilligt hatten.

Premierminister Thaksin reagierte verärgert auf den Report und warnte die Kommission davor, als „De-facto-Opposition“ zu agieren. Thaksin hat es zwar geschafft, Thailands Wirtschaft wieder auf Wachstumskurs zu bringen. Doch Regierungskritiker sehen sich verschärftem Druck ausgesetzt. Schlagzeilen machte vor allem der Fall des am 12. März gekidnappten Muslim-Anwalts Somchai Neelaphaijit. Dieser hatte sich für die Aufhebung des Kriegsrechts in Thailands muslimisch dominiertem Süden ausgesprochen und die Polizei beschuldigt, mutmaßliche Verdächtige zu foltern.

„In Thailand ist die Menschenrechtslage so schlimm wie nie zuvor“, beklagten der oppositionelle Senator Kraisak Choonhavan sowie der Kommentator Kavi Chongkittavorn von der Tageszeitung The Nation. An die Nationale Menschenrechtskommission wurden insgesamt 1.168 Beschwerden herangetragen. Mehr als die Hälfte davon stehen in Zusammenhang mit den Drogenkampagnen oder sind Klagen über den Machtmissbrauch durch lokale Autoritäten.

Den bislang blutigsten Tag in den von Gewalt geprägten Südprovinzen hat zusätzlich eine Regierungskommission untersucht. In einem Bericht erhebt diese schwere Vorwürfe gegen die Armee. Ob die Verantwortlichen juristisch belangt werden, bleibt fraglich. Gegenstand der Untersuchung war das Blutbad in einer Moschee in der Provinz Pattani am 28. April. Diesem waren Attacken von mit Macheten bewaffneten Muslimen auf Polizei- und Sicherheitsposten vorausgegangen. Mehr als 30 der Angreifer hatten sich anschließend in der Krue-Se-Moschee verschanzt, welche die Soldaten mit Waffengewalt gestürmt hatten. Der kritische Report wurde von führenden Muslimen positiv aufgenommen. Zudem sagte Premier Thaskin den Familien der Toten Entschädigung zu.

Unterdessen geht die Gewalt weiter: Am Wochenende wurden 14 Menschen bei drei Bombenexplosionen in der Provinz Yala verletzt. Verteidigungsminister Chetta Thanajaro vermutet, die Anschläge mutmaßlicher Separatisten seien ein Racheakt für die Verhaftung zweier islamischer Lehrer. Seit Beginn des Jahres starben in Thailands Süden mehr als 300 Menschen.

NICOLA GLASS