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Archiv-Artikel

Richtet’s die Politik?

Am Wochenende feiert das Theaterhaus Schnürschuh seinen zehnten Geburtstag. Statt Partylaune gibt’s im Buntentor massive Existenzängste

Von kli

Die Geburtstagssause fällt eher klein aus. „Wir haben derzeit anderes im Kopf“, sagt Schnürschuh-Organisator und Regisseur Kurt Wobbe. Und es ist sofort klar, was er meint. Nach wie vor gilt der Beschluss der Kulturdeputation vom Dezember 2003, der lautet: Ab 2005 soll das Theaterhaus Schnürschuh im Buntentor keine institutionelle Förderung mehr bekommen. 175.000 Euro Zuschuss aus dem Stadtsäckel sollen kommendes Jahr komplett wegfallen. Damit wäre rund die Hälfte des Gesamtetats mit einem Schlag weg. Weitermachen ließe sich damit nicht.

Sicher, da gibt es die Idee mit den Sponsoren, die der Anfang August zurückgetretene Kultursenator Hartmut Perschau dem Theater nahe gelegt hatte. „Aber wir merken“, sagt Wobbe, „dass Sponsoren keine alleinige Lösung sind. Es müssen schon öffentliche Mittel fließen. Bundesweit gibt es kein einziges Jugendtheater, das ohne öffentliche Förderung auskommt.“

Also richtet sich alle Hoffnung auf die Politik. Von der SPD habe man eine informelle Zusage, dass es 2005 weitergehen solle, so Wobbe. „Wir gehen davon aus, dass wir im nächsten Jahr gefördert werden.“ Tatsächlich habe es Vorgespräche mit Perschau gegeben, so die kulturpolitische Sprecherin der SPD, Carmen Emigholz. „Es sollte ein neues Konzept für das Schnürschuh-Theater vorgelegt werden. Auf dieser Grundlage kann man dann auf dem Weg der Projektförderung helfen.“

In Frage kommt da vor allem der Kulturhauptstadt-Topf, aus dem Gelder für Projekte fließen sollen, die interessant für Bremens Kulturhauptstadt-Bewerbung sind. Noch ist der Topf nicht freigegeben vom Finanzsenator, noch können die 8,5 Millionen nicht ausgegeben werden. Im Schnürschuh-Theater aber macht man sich Hoffnung. Hat man es mit dem Theatergroßprojekt „Die Schlacht an der Weser“ doch geschafft, in den „Bremen-Pool“ der Bewerbungsschrift aufgenommen zu werden. Was das konkret bedeutet, ist aber völlig offen.

8.000 Unterschriften gegen die Kürzung habe man mittlerweile gesammelt, und bis Ende September rechnet Wobbe mit konkreten Aussagen seitens der Kulturpolitiker, wie es weitergeht im Schnürschuh. Zehn Jahre nach dem Einzug des Theaters in dem ehemaligen Kino im Buntentor und 27 Jahre nach der Gründung des Schnürschuh-Theaters arbeiten dort fünf fest Angestellte, zehn freie SchauspielerInnen, ein Auszubildender und ein Praktikant. Träger des Theaters ist ein gemeinnütziger Verein, und die Zusammenarbeit funktioniert ganz klassisch so, wie das bei freien Theatern üblich ist: Jeder macht vieles. Schauspielern, Karten verkaufen, Bier ausschenken, Technik, Kostüme, Regie, Pressearbeit, Programmplanung für zwei eigene Jugendstücke und ein Erwachsenenstück pro Jahr. Dazu gibt es etliche Gastspiele im Schnürschuh-Theater: Insgesamt seien es 250 Veranstaltungen im Jahr, so Wobbe. Auf den rund 100 Sitzen nähmen im Schnitt jährlich rund 14.000 ZuschauerInnen Platz.

Das alles hat man sich also aufgebaut, hat sich von „mehr politisch ausgerichteter Theaterarbeit“ hinentwickelt zum Jugendtheater, und in diesem Bereich das Politische nicht völlig verlassen, aber doch anders gewichtet: „Phantasie ist wichtiger als Aufklärung“, sagt Wobbe. Man will zeigen, wie sich phantasievoll mit Problemen umgehen lässt, legt Wert auf Aktualität und versteht sich als „Theater zum Anfassen“, so Schauspieler und Techniker Michael Hinrichs. „Wir haben hier Atemkontakt zum Publikum, und es gibt keinen Vorhang bei uns. Diese Nähe zum Publikum gibt’s sonst nirgends.“

Hergestellt wird diese bei den Jubiläumsfeierlichkeiten am Wochenende unter anderem bei dem Stück „Ins Leben entlassen“, für das ehemalige Schauspieler erwartet werden, und einem Improvisationstheaterabend mit Inflagranti. kli

Das volle Programm findet sich im taz-Tageskasten