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Archiv-Artikel

Ab in die Nische!

Trotz über 30 Kanälen im Free-TV gibt es kein echtes Zielgruppenfernsehen in Deutschland. Universal Studio Networks will das möglichst bald ändern

VON STEFFEN GRIMBERG

Hollywood liegt in München. Genauer gesagt in der Theresienstraße 47a, Hinterhaus. Hier residiert Universal Studios Networks (USN) Deutschland, ein Ableger des Traumfabrik-Konzerns. Mit zwei Sendern macht USN in Deutschland Programm, Pay-TV, versteht sich. Empfangbar über Premiere und einige Kabelnetze. Zum Krimi- und Action-Kanal 13th Street kam vor knapp einem Jahr SciFi, ein reines Science-Fiction-Programm, hinzu. Platz für neue Sender gibt es in Deutschland genug, sagt USN-Chef Wolfram Winter, überhaupt sei der TV-Markt hierzulande eher unterentwickelt. Vor allem, was die Themenvielfalt angeht: „Um zu erkennen, wie viel da noch drin ist, brauchen Sie doch nur zum Zeitschriftenkiosk zu gehen.“

Großbritannien, zum Beispiel: 200 Kanäle laufen dort schon heute digital, „aber natürlich nicht als Kopie von ARD oder RTL“. Deutsche Sendergründer hätten aber zu oft „den Fehler gemacht und immer das große Vorbild ARD gehabt, das allumfassende Vollprogramm.“ Denn natürlich „guckt sich kein Mensch 500 Programme an, genauso wenig, wie sich jemand 500 Zeitschriften kauft“, sagt Winter. Dass es aber durchaus hunderte Zielgruppen gibt, werde im traditionellen TV-Geschäft gern mal ignoriert. „Das Einzige, was du brauchst, ist ein Geschäftsmodell, das zu den Größenordnungen deiner Zielgruppe passt.“

Womit Winter im Klartext digitales Pay-TV meint, denn „durch klassische TV-Werbung lässt sich das nicht mehr finanzieren – jedenfalls, wenn man wirklich Geld verdienen will“. Der Beweis: Trotz über 30 Kanälen im Free-TV ist die Verspartung im deutschen Fernsehen lächerlich: ein bisschen Sport, ein bisschen News – beides nicht eben erfolgreich. Echtes Zielgruppen-Fernsehen machen hier nur öffentlich-rechtliche Orchideensender wie der ZDF-Theaterkanal oder BR-Alpha.

Doch deutsche Programmmacher haben ganz andere Sorgen: „Wir sind da noch nicht so weit, wir reden nicht über Marktthemen, sondern prügeln uns damit rum, ob Kabel Deutschland noch dieses oder jenes kaufen darf“, sagt Winter. „Das hat mit dem Zuschauer noch nicht viel zu tun.“ Doch der, da ist sich Winter sicher, will seine 200-Kanalauswahl – auch wenn er es vielleicht heute noch nicht weiß. Das zweite Problem: Dummerweise bezahlt der klassische TV-Konsument schon heute viel für sein Fernsehen – hat aber einen wahren Horror vor „richtigem“ Pay-TV. „Die Kabelgebühr würde in Amerika klar als Pay-TV gelten. Wir müssen einfach der Mehrheit der deutschen Kabelkunden klar machen, dass sie bisher ja auch schon bezahlt haben, sie wissen’s nur nicht“, so Winter. „Wenn man das mal geschafft hat, sind die Perspektiven doch fantastisch.“ Im Free-TV-Markt blieben dann neben den Öffentlich-Rechtlichen nur noch wenige Sender als rein werbefinanzierte Vollprogramme übrig: „Je mehr du in die Nische gehst, desto höher werden die Gebühren – und desto niedriger der Werbeanteil.“

Für die Universalprogramme muss man zusätzlich zu den monatlichen Premiere-Gebühren (5 bis 43 Euro) noch mal 2 (13th Street) beziehungsweise 3 Euro (SciFi) berappen. Stolze Gesamtsummen, doch Winter ist sich sicher, dass hier die Zukunft des Fernsehens liegt. „Wenn ich all die Ideen sehen, müssten wir 2010 eigentlich auch über 200 Sender haben.“ Wenn es bis 2007 nicht wenigstens für 100 Sender reicht, wäre er „jedenfalls enttäuscht“. Dass da zunächst auch viel Schrott dabei sein dürfte, gehört mit zum Spiel: „Jeder Markt hat am Anfang Leute, die keine Ahnung haben, und es trotzdem machen. Woher sollten sie denn auch?“ Bei der Einführung des Privatfernsehens sei es doch genauso gewesen: „Da waren im Grunde genommen wild gewordene Menschen, die mit einer Idee los gerannt sind – bei dem einen hat’s geklappt, und die anderen hat man längst vergessen.“