: Wege verlangt, nicht Straßen
Moorburger kritisieren Schnellstraßenpläne des Senats, Wilhelmsburger sprechen von Tricks. Runder Tisch fordert offene Diskussion über Hafenquerspange und die Wilhelmsburger Reichsstraße
Die Stadtteilaktivisten erwarten von den Grünen transparente Planung und offene Diskussion darüber. Bei der jüngsten Bürgerversammlung in Wilhelmsburg versprach Senatorin Anja Hajduk (GAL), sie werde wiederkommen, sobald die Pläne für die Hafenquerspange spruchreif seien. Ihr Sprecher hat das jetzt noch einmal bekräftigt. Mit den Moorburgern habe die Senatorin im Dezember über die Situation ihres Stadtteils gesprochen. Diese befürchten, ihr Dorf könnte dem Sprung über Elbe zum Opfer fallen. KNÖ
VON GERNOT KNÖDLER
Die Verkehrsplanung des Senats für den Süderelberaum stößt in Wilhelmsburg und Moorburg auf Kritik. Der Runde Tisch Moorburg befürchtet, dass die Südvariante einer Hafenquerspange den Ort zum Sterben verurteilen würde. Der Verein „Zukunft Elbinsel Wilhelmsburg“ wirft der Behörde vor, mit Tricks darüber hinwegzutäuschen, dass in Wilhelmsburg ein Autobahnkreuz gebaut und der Fernverkehr durch den Stadtteil geschleust werden soll. Beide forderten den Senat auf, die Verkehrsplanung offen mit den BewohnerInnen der betroffenen Stadtteile zu diskutieren und zu entwickeln.
Die Pläne des Senats sehen vor, die Reichsstraße nach Osten auf das Gelände der Bahntrasse zu verlegen und zu verbreitern. Die bisherige Straße müsse ohnehin saniert und verbreitert werden, argumentiert der Senat. Durch die Verlegung gäbe es eine Verkehrsschneise weniger. Der Lärm würde an der Bahntrasse gebündelt. Anwohner befürchten, trotz Lärmschutzes könnte es für sie lauter werden.
Für die Hafenquerspange – eine Querverbindung zwischen den Autobahnen A 7 und A 1 – galt bis zur jüngsten Bürgerschaftswahl eine Nordvariante im Bereich des Spreehafens als Vorzugslösung. Die grüne Umweltsenatorin Anja Hajduk hat die Stadtentwickler noch einmal nachdenken lassen und in der vergangenen Woche eine Südvariante als Fortsetzung der von Stade her in Bau befindlichen A 26 vorgeschlagen.
Sie würde direkt nördlich oder in einem südlichen Bogen an Moorburg vorbeigeführt werden, in Höhe der Kattwykbrücke die Elbe überqueren und entlang der Kornweide in Wilhelmsburg zur A 1 laufen. Das wäre billiger als die Nordvariante und würde das Zusammenwachsen mit der Innenstadt – den Sprung über die Elbe – nicht behindern. Um den Verkehr von Wilhelmsburg fernzuhalten, soll die Autobahn nur auf der Südwestseite mit der A 253 / Wilhelmsburger Reichsstraße verbunden sein.
Zukunft Elbinsel bezweifelt, dass sich Letzteres durchhalten lasse. Diese Sperrung würde dazu führen, dass die Wilhelmsburger nicht von ihrem Stadtteil aus auf die neue Ost-West-Autobahn im Stadtteil fahren könnten. „Diese absurde Regelung wird bei der Feinplanung wieder gekippt werden“, orakelt der Verein. Nahe liegend wäre es dann, auch die A 26 gar nicht bis zur A 1 durch zu bauen, sondern auf die de-facto-Autobahn Reichsstraße zu lenken, spekulieren die Stadtteilaktivisten.
Dass es keine Auffahrt von Wilhelmsburg aus auf die A 26 geben solle, sei „erklärter Wille der Senatorin“, versichert deren Sprecher Enno Isermann. Die Querspange werde die Bundesstraße B 73 in Harburg entlasten. „Wir glauben, dass die Pläne alle berechtigten Sorgen und Wünsche so gut wie möglich berücksichtigen“, sagt Isermann. Dazu gehörten auch die Wünsche der Hafenwirtschaft.
Zukunft Elbinsel befürchtet, dass die A 26 neuen Pendler- und Fernverkehr quer durch den Stadtteil schleusen werde. Damit würden Fehler wie der Bau der A 7 durch Bahrenfeld wiederholt. Statt einfach wie in den vergangenen Jahrzehnten Autobahnen zu bauen, müsse ganz neu gedacht werden. „Wir brauchen eine neue Planungskultur“, fordert der Verein und zitiert den Entwurf zum Wahlprogramm der GAL: „Eine mobile Gesellschaft braucht nicht neue Straßen, sondern neue Wege.“
Dem Runden Tisch Moorburg schwant, dass die Südschlaufe der A 26 das Dorf eng umschließen würde und es dann „keine Zukunft mehr hätte“. Eine Südvariante der Autobahn mit Brücke über die Süderelbe wäre der Tod des Dorfes, warnt Manfred Brandt vom Runden Tisch. Allenfalls ein Tunnel sei denkbar. Brandt sieht zudem mit Sorge, dass auch eine weitere Bahnstrecke schräg durch Moorburg zum Containerterminal Altenwerder angedacht zu sein scheint. Brand gesteht zu, „dass die Verkehrsprobleme gelöst werden müssen“. Dabei dürfe aber die Chance, dass Moorburg vielleicht doch nicht für die Hafenerweiterung gebraucht würde und fortbestehen könnte, nicht von vornherein verbaut werden.