Schwache Bienen bummeln

Imker fordern Verbot eines Bayer-Pestizids. Verbraucherministerium siehtkeinen Handlungsbedarf und sucht nach anderen Ursachen des Bienensterbens

BERLIN taz ■ Imker und Umweltschützer fordern von Verbraucherministerin Renate Künast, bienengefährdende Pestizide aus dem Verkehr zu ziehen. In Frankreich, wo in den vergangenen Jahren besonders viele Bienenvölker eingegangen sind, hatte der französische Landwirtschaftsminister Hervé Gaymard bereits im Februar das Insektizid Regent TS verboten. Seit kurzem darf auch Gaucho, das aus dem Hause Bayer CropScience stammt, nicht mehr auf Maisfelder ausgebracht werden; im Sonnenblumenanbau ist die Chemikalie bereits seit 1999 verboten.

2003 starb in Deutschland ein Drittel der Bienenvölker. Die genaue Ursache ist immer noch nicht bekannt. Zwar haben sich in diesem Jahr laut Deutschem Imkerbund die Bienenbestände wieder erholt. Doch die Widerstandskraft der Tiere gegen Schädlinge ist geschwächt, befürchten die Imker. „Die Bienen sind lange nicht so entwicklungsfreudig wie früher“, sagt Wolfgang Stöckmann, Vizepräsident des Deutschen Imkerbundes.

Naturschutzbund, Deutscher Erwerbsimkerbund und die Coordination gegen Bayer-Gefahren wollen, dass Gaucho auch in Deutschland verboten wird. Der Wirkstoff Imidacloprid steht schon lange im Verdacht, Gift für die Bienenvölker zu sein. Bayer behauptet jedoch, dass eine Studie der französischen Lebensmittelbehörde AFSSA die Vorwürfe entkräftet habe. Deren Fazit: Mit Gaucho gefütterte Bienen seien lediglich in „Aufregung“ versetzt worden, aber nicht gestorben. Auch der französische Bauernverband argumentiert: In Gegenden, in denen weder mit Gaucho noch mit Regent TS gespritzt worden war, sei die Bienensterblichkeit auch nicht geringer.

Doch die Gaucho-Gegner halten dagegen: Eine Studie der Universitäten Caen und Metz habe die Gefahr des Insektizids erneut bestätigt. Zudem haben Mitarbeiter vom Nationalen Zentrum für wissenschaftliche Forschung (CNRS) alle 483 Studien zu Imidacloprid ausgewertet und kamen zu dem Schluss: Die Daten sind unbrauchbar, weil zu viele Studien von Bayer selbst in Auftrag gegeben worden waren.

Die deutschen Behörden sind von der Gift-Theorie nicht überzeugt. „Bei richtiger Anwendung des Insektizids Gaucho gab es keine Schäden an den Bienen“, so das Landwirtschaftsministerium. Ein Handlungsbedarf bei Gaucho sei nicht erkennbar. Dafür wird die Varroa-Milbe untersucht, die viele Forscher für die Misere verantwortlich machen.

„Mal ist es die Varroa-Milbe, mal der Kaschmir-Virus, dann der Beutenkäfer. Aber Parasiten sind doch erst gefährlich, wenn die Bienen bereits geschwächt sind“, schimpft Stöckmann. Für die mangelnden Abwehrkräfte der Tiere macht er Landwirtschaftsgifte wie Gaucho verantwortlich – eine Meinung, die auch die International Bee Research Association vertritt. Stöckmann fordert eine neue Bienenschutzverordnung: „Bislang werden Pestizide an 100 Bienen getestet. Sterben 49 davon, gilt der Stoff als ungefährlich. Das kann doch nicht die Grundlage für den Bienenschutz sein. KATHRIN BURGER