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Archiv-Artikel

Braune Spur nach Berlin

Razzia der Bundesanwaltschaft in Marzahn führt zur Festnahme eines Mannes, der Kontakt zu den rechtsradikalen Attentatsplanern in München hatte. In seiner Wohnung wurden Waffen gefunden

von PHILIPP GESSLER

Die Polizei hat gestern morgen in Marzahn-Hellersdorf einen Brandenburger festgenommen, der engen Kontakt zu den rechtsradikalen Attentatsplanern in München gehabt haben soll. Die Razzia galt mehreren Objekten in Berlin. In der Wohnung des Festgenommenen, der nach taz-Informationen offenbar in einer Art Nazi-WG wohnte, wurden Waffen beschlagnahmt. Die Razzia stand unter Federführung der Bundesanwaltschaft, erklärte die Innenverwaltung. Den Zugriff nahmen Brandenburger Einsatzkräfte vor.

In München wird derzeit gegen eine Gruppe von Neonazis wegen Bildung einer terroristischen Vereinigung ermittelt. Bei ihnen waren 14 Kilogramm Sprengstoff, darunter 1,7 Kilo des hochexplosiven TNT, sichergestellt worden. Der Sprengstoff sollte offenbar für ein Attentat auf die Baustelle des Jüdischen Gemeindezentrums gebraucht werden. Derzeit befinden sich zehn mutmaßliche Angehörige der Nazi-Clique in Haft.

Unbestätigten Informationen zufolge war der nun Verhaftete ein Militaria-Händler, dessen Pitbull bei der Verhaftung von der Polizei erschossen wurde. Auch in Mecklenburg-Vorpommern wurden Wohnungen von Verdächtigen durchsucht. Einer von ihnen wurde wegen Verstoßes gegen das Waffengesetz in Güstrow verhaftet, wie eine Sprecherin der Bundesanwaltschaft bestätigte. Zudem bestehe ein Anfangsverdacht auf Unterstützung einer terroristischen Vereinigung.

Trotz der offensichtlichen Verbindungen zwischen den Neonazis in Berlin und München betont der hiesige Verfassungsschutz auch nach der Razzia, dass es zwischen der rechtsextremen Szene Berlins und der in München keine organisierten Kontakte gebe. „Eine vertiefte Zusammenarbeit war bisher nicht festzustellen“, sagte Verfassungsschutz-Sprecher Claus Guggenberger. „Für einzelne Personen kann ich dies jedoch nicht völlig ausschließen“, fügte er an. Innensenator Ehrhart Körting (SPD) kündigte an, am Montag kommender Woche im Innenausschuss mehr über die gestrige Aktion zu berichten.

Recherchen antifaschistischer Gruppen auf der linken Internetseite indymedia zufolge gibt es enge Verbindungen der Münchener Gruppe in die nördliche Uckermark, deren Naziszene im bundesweiten Vergleich sehr stark ist und schon zu DDR-Zeiten aktiv war. Bekannt ist zudem, dass Brandenburger Neonazis Berlin häufiger als Rückzugsraum nutzen, wenn sie unter Verfolgungsdruck stehen. Drei der Münchener Verhafteten sind Neonazis aus Brandenburg. Der Hauptverdächtige ist der frühere Anklamer Martin Wiese, der für den gesammelten Sprengstoff offenbar einen Zünder von Brandenburger Kameraden nutzen wollte. Nach indymedia-Informationen prahlten schon vor zwei Jahren rechtsextremistische Gewalttäter aus der Uckermark damit, Waffen und Sprengstoff zu sammeln.

Der Rechtsextremismus-Experte Ulli Jentsch vom Antifaschistischen Pressearchiv verweist darauf, dass es in den vergangenen Jahren immer wieder offensichtlich rechtsextremistisch motivierte Sprengstoffattentate gab, die nie aufgeklärt wurden: etwa 1999 auf das Grab des früheren Vorsitzenden des Zentralrats der Juden, Heinz Galinski, oder die Anschlagserie 1998 in Thüringen, deren Täter seit Jahren untergetaucht seien. Es gebe ein braunes terroristisches Milieu, in dem es Waffenkenner gebe, entschlossene Täter und internationale Verbindungen zu anderen gewalttätigen Neonazis. Deshalb sei es nicht verwunderlich, dass manche von ihnen sich schließlich entschlössen, das zu machen, wovon sie immer redeten, sagt Jentsch.