: Gefällige Staatsanwälte
Die Staatsanwaltschaft Düsseldorf benennt Betroffene zum Begutachter in einem Verfahren um vermeintliche Raubkopien
VON ELMAR KOK
Udo Vetter, Fachanwalt für Strafrecht ist empört. In einem Verfahren gegen einen seiner Mandanten soll nach seinen Angaben ausgerechnet der Vertreter der Geschädigten als Sachverständiger der Staatsanwaltschaft auftreten.
Im Rahmen von Ermittlungen wegen Verstoßes gegen das Urheberrecht wurde bei Vetters Mandanten von Kriminalkommissaren der Polizei drei Kartons mit insgesamt 2.235 CDs beschlagnahmt. In Absprache mit der Staatsanwaltschaft seien die drei Kartons vom ermittelnden Polizisten zur Auswertung an die Gesellschaft zur Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen e.V. (GVU) weitergegeben worden. Die GVU ist nach eigenen Angaben Vertreter der Rechteinhaber von Filmen und Computerspielen. Für Diane Gross, Sprecherin des Vereins, ist das Verhalten ein ganz normaler Vorgang: „Wenn ihnen ihr Fahrrad gestohlen wurde, dann gehen Sie doch auch anschließend zur Polizei und sagen, das ist meins!“ Insofern sei der Vorgang ganz normal und das Verfahren sei sowieso kein Einzelfall, sagt sie. „Die schicken uns die Beschlagnahme und wir werten im Auftrag unserer Mitglieder aus, wessen Rechte verletzt wurden“, sagt Gross. Gross bezeichnet die GVU als „Dienstleister in Sachen Ermittlungen“. Zudem berate der Verein die Regierung, „um den zweiten Korb der Urheberrechtsnovelle mitzugestalten.“
Für Anwalt Vetter ist die Weitergabe der CDs an die GVU rechtswidrig. Da die GVU ein Verein sei und keine natürliche Person, könne sie nicht als Sachverständiger auftreten, sagt Vetter. Zudem sei die erforderliche Neutralität eines Gutachters bei der GVU nicht gegeben. Die GVU stehe eindeutig auf der Seite der Geschädigten und sei durch Mitgliedsbeiträge und Zuwendungen mit den Geschädigten wirtschaftlich verflochten. Vetter zitiert von der Homepage des Vereins: „Parallel dazu wird für jede Mitgliedsfirma auf Wunsch das strafrechtliche Beweismaterial zur Durchführung zivilrechtlicher Verfahren aufbereitet“, heißt es dort.
Zudem sei es nicht rechtens, die GVU als Sachverständigen auszurufen, da der Verein die Kartons mit den 2.250 CDs auch erhalten habe, damit er gegebenenfalls einen Strafantrag stellen könne, argumentiert Vetter. Somit sei der Verein nicht nur befangen, sondern müsse auch aus rechtlichen Gründen als Gutachter ausgeschlossen werden, sagt Vetter. Letztendlich sei das Verhalten der Staatsanwaltschaft so, „als wenn Sie einen Autounfall mit einem Ingenieur hatten und die Staatsanwaltschaft beruft genau diesen Ingenieur zum Gutachter“, sagt Vetter. Zusätzlich bemängelt Vetter den schlampigen Umgang mit den vermeintlichen Beweismitteln. Für die Weitergabe der Kartons an die GVU gebe es nicht einmal eine Quittung. Eine Liste, die aufführt, was genau weitergegeben worden sei, gebe es auch nicht. Die Adresse des Herrn von der GVU, der die Kartons mitgenommen habe, sei auch nicht vermerkt, sagt Vetter.
Nach Ansicht der Düsseldorfer Staatsanwaltschaft ist die Weitergabe ordnungsgemäß erfolgt. Sabine Kämpfer, Sprecherin der Behörde sagt, die GVU sei in dem Verfahren nicht Sachverständiger, sondern „sachverständige Zeugin“. Und auch denen dürften die Kommissare Beweismittel mitgeben, sagt Kämpfer, „alles ist ordnungsgemäß verzeichnet“. Die Ermittlung in Sachen Urheberrecht, sei in diesem Fall gar nicht anders möglich, „das kann nur die GVU“.