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Archiv-Artikel

Am Berg Schicht im Schacht

Der Neuseeländer Hamish Carter gewinnt den Triathlon vor seinem Landsmann Bevan Docherty – der deutsche Meister Daniel Unger ist aber auch mit der Darbietung seiner Teamkollegen zufrieden

Da kam diese teuflische Steigung. Für Triathletenist so etwas tödlich

AUS ATHEN DANIEL UNGER

Man kann nicht sagen, dass der Ausgang des olympischen Triathlon-Rennens eine große Überraschung darstellt, ganz im Gegenteil: Der Neuseeländer Bevan Docherty ist ja der amtierende Weltmeister und war schon deshalb einer der Top-Favoriten. Und sein Landsmann Hamish Carter, der Sieger, ist schon so lange in der Weltspitze, dass man sowieso immer mit ihm rechnen muss. Er ist ein sehr ausgeglichener Athlet, der immer für eine Top-Platzierung gut ist.

Die beiden haben das Rennen vom Start weg mitbestimmt, die waren wirklich immer dort, wo die Musik spielte. Sie sind gut befreundet, und entsprechend haben sie ganz gut zusammengearbeitet, wobei Carter seine größere Erfahrung spielen ließ und sich, im Gegensatz zu Docherty, immer ein bisschen zurückgehalten hat. Gut möglich, dass das ganz am Ende den Ausschlag gegeben hat: Die beiden waren bis tausend Meter vor dem Ziel noch zusammen, aber dann schien Carter doch ein paar Körner mehr gespart zu haben, auf jeden Fall konnte er noch größere Kräfte freisetzen als Docherty. Im Prinzip hat Carter ihn regelrecht weichgekocht, indem er auf der Zielgeraden immer schneller wurde.

Überraschend war lediglich, dass Docherty bereits nach dem Schwimmen auf Platz drei lag, ich hätte ihn da doch eher im Mittelfeld erwartet. Wobei das die ganz große Rolle nicht spielte, weil das Feld ziemlich geschlossen aus dem Wasser kam, die waren wie an einer Schnur aufgereiht. Doch das hat sich nach anderthalb Kilometern auf dem Rad schnell geändert. Da kam das Feld an diese teuflische Steigung. Zwei Wellen, die erste mit zehn Prozent Steigung, die zweite mit 20. Das Ganze verteilt auf rund 800 Meter. Für Triathleten ist so etwas tödlich, vor allem wenn sie fünfmal da hoch müssen. Schon beim ersten Mal haben sich die starken Radfahrer formiert, in der zweiten Runde haben die dann attackiert, was dazu geführt hat, dass sich eine 15-köpfige Gruppe lösen konnte. Noch eine Runde später wurden aus den 15 noch sechs, und als die ihren Vorsprung stetig ausbauten, war relativ klar: Der Olympiasieger konnte nur aus dieser Gruppe kommen. Die haben prima zusammengearbeitet, fast wie im Mannschaftszeitfahren. Als die sechs vom Rad stiegen, hatten sie schon 50 Sekunden Vorsprung, und da es allesamt gute Läufer waren, war für den Rest des Feldes nicht mehr allzu viel zu machen.

Was mich ein bisschen verwundert hat, ist die Tatsache, dass der Spanier Ivan Rana so früh weggeplatzt ist. Der Weltmeister von 2002 war für mich der Topfavorit. Rana hatte eine richtige Mannschaft um sich herumgebaut, mit zwei Edelhelfern, wie beim Radsport, aber schon in der zweiten Runde hat ihm das nichts geholfen. Am Berg war Schicht im Schacht.

Vorne hat sich aus der Wechselzone nach dem Radfahren sofort eine dreiköpfige Spitzengruppe um Weltmeister Docherty gebildet, in die es auch der Schweizer Sven Riederer schaffte. Diese drei haben beim Laufen die größte Entschlossenheit gezeigt. Die wollten die Medaillen – und sie haben sie sich geholt. Bis Kilometer neun haben sie die Sache noch relativ friedlich ausgetragen, aber dann, am letzten Punkt, wurde das Ausscheidungsrennen eröffnet. Und da war Carter einfach der Beste.

Zu den Deutschen muss man sagen, dass der sechste Platz von Andreas Raelert eine phänomenale Leistung darstellt. Das ist das beste Ergebnis seiner Karriere – und dass er dieses bei Olympia holt, ist einfach klasse. Nach dem Schwimmen hat er den Sprung in die 15er-Gruppe geschafft, der Sprung später in die Sechsergruppe blieb ihm leider versagt. Wer weiß, wo die Reise sonst für ihn hingegangen wäre. Maik Petzold hat in der zweiten Radrunde den Anschluss an die Spitze verpasst. Er hat zwar versucht, alleine ranzufahren, ist dabei aber gestorben. Er hat alles versucht – und deshalb kann ihm kein Mensch einen Vorwurf machen, auch wenn er mit Rang 19 bestimmt nicht zufrieden ist. Aber in so einem Rennen kann das passieren. Im Prinzip gab es hier 25 Medaillenkandidaten – und Maiki wurde 19. Das sagt schon alles. Sebastian Dehmer wurde schließlich 26. Dazu muss man allerdings sagen, dass er ja erst kurzfristig und wegen meiner Erkrankung ins Team gerückt ist und sich kaum vorbereiten konnte. Außerdem ist er ja erst 22 – und in vier Jahren finden ja schon wieder Olympische Spiele statt.

Was ich gemacht hätte? Ich wäre auf jeden Fall voll auf Angriff gegangen, alles andere hat bei Olympia doch sowieso keinen Sinn. Wozu das geführt hätte, weiß ich nicht. Ich weiß nur: Ich werde meinen olympischen Traum weiterträumen.

(aufgez. von FRANK KETTERER)