: Das unbewegliche Theater
Die Kunsthalle Düsseldorf zeichnet drei Monate Fritz Schweglers künstlerischen Lebensweg nach
Ende der 50er Jahre im vergangenen Jahrhundert durchwanderte Fritz Schwegler als Schreinergeselle die Welt. Vor drei Jahren emeritierte er als Kunstprofessor an der Düsseldorfer Akademie, wo er einmal 365 Tage lang morgens eine neue Zeichnung am Foyer aushängte. Doch der dokumenta-Teilnehmer von 1972 und 1987, der jetzt im idyllischen Breech lebt, kann die Finger von der Kunst nicht lassen. Und so zeichnet, malt, singt, gießt, schreibt und formt der 69-Jährige im tiefen Württembergischen immer weiter.
Die Kunsthalle Düsseldorf zeigt Fritz Schwegler fast drei Monate lang als Kunstpreisträger der Kunststoffindustrie. Das stört ihn wenig, wie auch die Aussage von Verena Auffermann vom Kuratorium, dass sie sich nach dem Besuch des kleinen Breech, wo Schweglers Objekte allgegenwärtig sind, eine Präsentation in den weiten Kunst-Hallen nicht vorstellen konnte. Nach der Besichtigung wollte sie ihm den Preis aber in zwei Jahren gleich noch einmal verleihen.
Der erste Saal im ersten Stock zeigt die kleinen Skulpturen. Im Laufe der Jahre hat der Querdenker und -Schreiber über 1.000 Fast-Miniaturen für seine Enzyklopädie des Plastischen geschaffen. Die sind bunt bemalt und bevölkern in Düsseldorf unter Glas einen ganzen Raum, allerdings nur unter der Prämisse Klasse statt Masse. Ihre Betrachtung wird zu einer vergnüglichen Reise durch das eigene Universum des Bildhauers. Der stellt in seinen Arbeiten die scheinbar eindeutige Begrifflichkeit der Dinge in Frage. In seiner Ausstellung „Das unbewegliche Theater“ hängen im Obergeschoss auch die mit Texten vernetzten Zeichnungen und Bildtafeln, auf denen eigenwillige Sprachsetzungen verwirren. „Abulvenz“ – eine Tannenhaarbesetzung aus 1962 ist dafür ein interessantes Beispiel. Schwegler ist ein Schalk, der durch seine Arbeit der realen Welt etwas Bockiges hinzufügen will. Ob sie es braucht, spielt dafür keine Rolle. Jedes Grinsen eines Betrachters macht die Welt wenigstens erträglicher.
„Man muss sich das haptisch erarbeiten“, sagte er der taz. Ein Blick auf die gesicherten Glaskästen über den farbigen Skulpturen lässt schmunzeln. So werden die Besucher natürlich nicht erfahren, das die Objekte alle aus Bronze gegossen und damit wesentlich schwerer sind, als ihre Größe und Farbstruktur erahnen lassen. Auch den riesigen „Kinosaal“ der Kunsthalle bespielt er souverän – mit Din A5 großen Arbeiten im schlichten Holzrahmen. Diese weniger bekannten „Gotteszeller Schnitte“, mit denen er formale Kompositions-Möglichkeiten untersuchte, bilden einen Endlos-Streifen an der Wand, den es wie Film-Stills abzuschreiten gilt. Für den Blick von der Empore wurden vier Motive aus den 1960er Jahren ausgewählt und als großformatige Aluminium-Schnitte gehängt. Das gibt einen überraschend neuen Blick auf den roten Rock, in dem zwar kein Körper, aber zwei Füßen stecken, Titel: „Einmal etwas ganz schönes“. So ist er, der bockige „Fritz Schwegler von Breech“. PETER ORTMANN